Samstag, 24. März 2012

Friedrich von Noer


Können Sie sich den vor dem Bild baumelnden Tennissocken wegdenken? Ich fand keine andere Abbildung von Jens Juels Bild des kleinen Prinzen von Noer. Diese Socke ist natürlich der Einfall eines modernen "Künstlers", dessen Namen wir lieber unerwähnt lassen. Ich fand das Bild immer sehr charmant, obgleich Lilli Martius im Katalog von 1958 die Zuschreibung des Bildes an Gröger zweifelhaft fand. Im Katalog von 1973 war alles anders, da zweifelte man nicht mehr am Maler, aber das Kind hieß jetzt Erbprinz Alexander von Schleswig-Holstein. Der ist allerdings nur zwei Jahre alt geworden, sein Onkel der Prinz von Noer hat in die europäische Geschichte eingegriffen.

Nämlich in der berühmten Schleswig-Holsteinischen Frage, die niemand so recht begreift. Auf jeden Fall hat Lord Palmerston gesagt: The Schleswig-Holstein question is so complicated, only three men in Europe have ever understood it. One was Prince Albert, who is dead. The second was a German professor who became mad. I am the third and I have forgotten all about it.

Mit vollem Namen heißt er ja Friedrich Emil August von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Augustenburg, er war der Bruder des Herzogs Christian August von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Augustenburg. Wie sein in Kopenhagen geborener Bruder trat er für die Ablösung Schleswig-Holsteins von Dänemark ein. Das findet man in Dänemark natürlich nicht akzeptabel, denn beide Brüder sind mit dem dänischen König verwandt, ihr Vater hatte schon Ansprüche auf den dänischen Thron erhoben. Mit den Augustenburgern beginnt der ganze Ärger zwischen Dänemark und Schleswig. Der Prinz von Noer wird Kriegsminister der provisorischen Regierung und Kommandeur der Schleswig-Holsteinischen Truppen. Am Morgen des 24. März 1848 fährt er mit 330 Mann mit der Eisenbahn nach Rendsburg. Da läutet man die Feuerglocke, die Soldaten verlassen ihre Quartiere. Nur um festzustellen, dass da draussen schon die kleine schleswig-holsteinische Streitmacht steht. Das ist der Beginn des Ersten Schleswig-Holsteinischen Krieges.

Der wird sich jetzt drei Jahre lang hinziehen. Wie wir hier auf dem Bild von der Rückkehr der siegreichen dänischen Truppen nach Kopenhagen im Jahre 1849 sehen können, hat der Prinz von Noer die Dänen nicht schlagen können. Ich lasse jetzt mal diesen ganzen politischen Kuddelmuddel beiseite, möchte aber aus Lokalpatriotismus noch auf zwei Männer aus meinem Heimatort hinweisen. Der eine ist der spätere Afrikaforscher Gerhard Rohlfs (lesen Sie doch auch noch den interessanten Post über Emily Ruete), der andere ist der Admiral Brommy, der die Dänen bei Helgoland zum Duell fordert.

Also hierhin, in das Schloss Noer, kann der ehemalige dänische Statthalter Prinz von Noer auf keinen Fall zurück, wo jetzt erstmal alles wieder dänisch ist. Während die Kieler Revolutionäre ja irgendetwas mit der 1848er Revolution zu tun haben, ist der Prinz von Noer kein Revolutionär. Der hat es auch nicht mit der Demokratie, das Ideal einer Regierungsform ist für ihn das Frankreich von Ludwig XIV.

Er benutzt die kleine Volkserhebung nur, um seine eigenen Machtinteressen durchzusetzen. Er wird seine eigene Rolle dreizehn  Jahre später in einem Buch beschreiben, das in Zürich erscheint und Kopfschütteln bei Freund und Feind hervorruft. Es ist eine zweifelhafte Rolle, die der Augustenburger gespielt hat, irgendetwas in der Art von als Tiger gesprungen und als Bettvorleger gelandet. Er hätte Kind bleiben sollen wie auf dem Bild von Juel, dann wäre er uns in angenehmerer Erinnerung.

Denn die Entscheidungen fallen jetzt nicht mehr in Kiel, Rendsburg oder Flensburg, dies ist ein europäischer Konflikt geworden. Der Prinz von Noer und sein Bruder gehen ins Exil. Nachdem sie zuvor in Dänemark gehörig verhöhnt worden sind. Da wurden nämlich Nachttöpfe produziert, auf deren Boden ein Bild des Herzogs von Augustenburg und des Prinzen von Noer ist. Beide unterm Galgen stehend, mit der Schlinge um den Hals. Und für den Fall, dass diese Symbolik noch nicht ausreichte, stand da auch noch der schöne Spruch auf dem Boden: I to forraedere ere tilvisse, Derfor alle danskere paa jer maa pisse. Was in schöner deutscher Übersetzung Ihr zwei Verräter möget wissen, dass alle Dänen auf Euch pissen heißt.

Das ist das schöne Schloss Augustenborg, das der Bruder des Prinzen am 26. März 1848 verlässt, er wird nie mehr hierhin zurückkehren. Auf Betreiben des russischen Zaren wird er später von Dänemark materiell entschädigt. Seinen Anspruch auf die dänische Krone muss er auch aufgeben. Der Künstler, der in seiner Aktion das Bild von Gröger mit einer Tennissocke verzierte (was will er uns damit sagen?), hätte ja statt der Socke eine kleine Danebrog Fahne nehmen können, dann wäre es eine politische Aussage gewesen. Ich mag das Bild noch immer, natürlich ohne Tennissocke. Als vor vielen Jahren Prince Philip in Kiel war, diskutierte man im Colloquium von Professor Hans Tintelnot wochenlang darüber, welche Bilder man Philip in die Hotelsuite hängen sollte. Ich wagte es, das Jens Juel Bild vorzuschlagen. Als Tintelnot mich etwas irritiert anguckte, sagte ich, dass die beiden Prinzen ja irgendwie miteinander verwandt wären. War das eine zu gefährliche politische Aussage? Philip bekam drei Noldes an die Wände. Nolde geht immer.

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