John Donnes Gedicht Goodfriday, 1613. Riding Westward gehört bei mir zum Karfreitag dazu. Ebenso wie Brahms aufzulegen und das Deutsche Requiem zu hören. Donnes Gedicht tauchte zum ersten Mal hier im Jahre 2011 auf (und dieser Post stand hier auch schon einmal), wurde aber 2012 wieder erwähnt, als ich Andrew Hudgins präsentierte. Und der amerikanische Dichter aus den Südstaaten war auch der Dichter für den ersten Karfreitag meines Bloggerlebens. Es lohnt sich immer, Andrew Hudgins zu lesen. Es lohnt sich auch immer, John Donne zu lesen.
Er hat die Religion gewechselt, der König hat ihm dazu geraten. Aber nach all seinen Jugendsünden ist es ihm ziemlich gleichgültig, ob er jetzt anglikanisch oder katholisch ist: You know I never fettered or imprisoned the word Religion, immuring it in a Rome, or a Wittemberg, or a Geneva; they are all virtuall beams of one Sun. Er stieg in der Kirche auf und wurde Dean of St Paul's. Und er hielt großartige Predigten. Lesen Sie seine Predigten, sagte Professor Rudolf Haas, sie sind das Beste von Donne. Ich glaubte Rudolf Haas, denn er lud alle Erstsemester zum Spaziergang ein, Treffpunkt sonnabends um neun an der Sternschanze. Man konnte beim Spaziergang rund um Planten und Blomen mit ihm reden, über die Anglistik, über die Welt, kein anderer Professor machte das. Und weil ich Haas glaubte, war ich wahrscheinlich der einzige aus dem gut gefüllten Audimax, der abends in die Bibliothek des Englischen Seminars im Philosophenturm kam und Donnes Predigten las. Die Bibliothek war besser als mein Zimmer in St Pauli. Das war nicht schön, aber ich traf dort jeden Morgen, wenn ich Milch und Brötchen kaufte, diese hübsche junge Frau. Deren Geschichte schon in dem Post Vergil steht. Das war dieser Sommer, mein erstes Semester: John Donne zum Abwinken, Vergil auch, alle Vorkonzerte in der Laeisz Halle. Und diese hübsche Nutte in St Pauli, John Donne hätte sicherlich ein Gedicht für sie gehabt: If ever any beauty I did see, Which I desired, and got, ’twas but a dream of thee. Und für die schöne Frau mit dem roten Burberry, die ich jede Woche in der Vorlesung von Haas sah, auch.
Wenn ich heute das Gedicht Goodfriday, 1613. Riding Westward hier einstelle, dann hat das einen Grund. Denn ich kann eine deutsche Übersetzung liefern, die nicht im Internet steht. Ab jetzt schon. Sie ist 1996 in der Zeitschrift Freibeuter erschienen. Der Übersetzer der dort abgedruckten Gedichte von Donne ist Thomas Martin, von dem im selben Jahr auch die letzte Predigt von Donne übersetzt wurde. Es haben viele Übersetzer das ein oder andere Gedicht von John Donne übersetzt. Die ersten Übersetzungen nach dem Krieg waren von Werner Vortriede (John Donne: Metaphysische Dichtungen 1961) und der Islamistin Annemarie Schimmel (Nacktes denkendes Herz 1969).
Damals gab es John Griersons Ausgabe der Gedichte schon ein halbes Jahrhundert, aber es brauchte noch ein Jahrzehnt, bis man Donne neu entdeckte. 1923 schrieb T.S. Eliot: Our appreciation of Donne must be an appreciation of what we lack, as well as of what we have in common with him. What is true of his mind is true, in different terms, of his language and versification. A style, a rhythm, to be significant, must embody a significant mind, must be produced by the necessity of a new form for a new content.... The dogmatic slumbers of the last hundred years are broken, and the chaos must be faced: we cannot return to sleep and call it order, and we cannot have any order but our own, but from Donne and his contemporaries we can draw instruction and encouragement.
Die neueste Publikation, Schweig endlich still und lass mich lieben! Ein John-Donne-Lesebuch, stammt von Michael Mertes. Der war mal der Chefredenschreiber von Helmut Kohl, ich weiß nicht, ob der wirklich der richtige Mann für John Donne ist. Da sollte man lieber Erleuchte, Dame, unsere Finsternis: Songs Sonette Elegien von Wolfgang Held kaufen (man kann hier das sehr lesenswerte Vorwort von Held lesen). Eine akzeptable Sammlung stellt auch Werner von Koppenfels Buch John Donne: Alchimie der Liebe dar. Und die Übersetzungen von Maik Hamburger und Christa Schuenke sind auch zu empfehlen. Viele Übersetzer haben sich Häppchen aus Donnes Werk herausgepickt, eine Übersetzung aller Gedichte des bedeutendsten Dichters Englands seiner Zeit gibt es nicht. Aber dafür gibt es heute Karfreitag 1613. Westwärts reitend zum ersten Mal im Internet:
Er hat die Religion gewechselt, der König hat ihm dazu geraten. Aber nach all seinen Jugendsünden ist es ihm ziemlich gleichgültig, ob er jetzt anglikanisch oder katholisch ist: You know I never fettered or imprisoned the word Religion, immuring it in a Rome, or a Wittemberg, or a Geneva; they are all virtuall beams of one Sun. Er stieg in der Kirche auf und wurde Dean of St Paul's. Und er hielt großartige Predigten. Lesen Sie seine Predigten, sagte Professor Rudolf Haas, sie sind das Beste von Donne. Ich glaubte Rudolf Haas, denn er lud alle Erstsemester zum Spaziergang ein, Treffpunkt sonnabends um neun an der Sternschanze. Man konnte beim Spaziergang rund um Planten und Blomen mit ihm reden, über die Anglistik, über die Welt, kein anderer Professor machte das. Und weil ich Haas glaubte, war ich wahrscheinlich der einzige aus dem gut gefüllten Audimax, der abends in die Bibliothek des Englischen Seminars im Philosophenturm kam und Donnes Predigten las. Die Bibliothek war besser als mein Zimmer in St Pauli. Das war nicht schön, aber ich traf dort jeden Morgen, wenn ich Milch und Brötchen kaufte, diese hübsche junge Frau. Deren Geschichte schon in dem Post Vergil steht. Das war dieser Sommer, mein erstes Semester: John Donne zum Abwinken, Vergil auch, alle Vorkonzerte in der Laeisz Halle. Und diese hübsche Nutte in St Pauli, John Donne hätte sicherlich ein Gedicht für sie gehabt: If ever any beauty I did see, Which I desired, and got, ’twas but a dream of thee. Und für die schöne Frau mit dem roten Burberry, die ich jede Woche in der Vorlesung von Haas sah, auch.
Wenn ich heute das Gedicht Goodfriday, 1613. Riding Westward hier einstelle, dann hat das einen Grund. Denn ich kann eine deutsche Übersetzung liefern, die nicht im Internet steht. Ab jetzt schon. Sie ist 1996 in der Zeitschrift Freibeuter erschienen. Der Übersetzer der dort abgedruckten Gedichte von Donne ist Thomas Martin, von dem im selben Jahr auch die letzte Predigt von Donne übersetzt wurde. Es haben viele Übersetzer das ein oder andere Gedicht von John Donne übersetzt. Die ersten Übersetzungen nach dem Krieg waren von Werner Vortriede (John Donne: Metaphysische Dichtungen 1961) und der Islamistin Annemarie Schimmel (Nacktes denkendes Herz 1969).
Damals gab es John Griersons Ausgabe der Gedichte schon ein halbes Jahrhundert, aber es brauchte noch ein Jahrzehnt, bis man Donne neu entdeckte. 1923 schrieb T.S. Eliot: Our appreciation of Donne must be an appreciation of what we lack, as well as of what we have in common with him. What is true of his mind is true, in different terms, of his language and versification. A style, a rhythm, to be significant, must embody a significant mind, must be produced by the necessity of a new form for a new content.... The dogmatic slumbers of the last hundred years are broken, and the chaos must be faced: we cannot return to sleep and call it order, and we cannot have any order but our own, but from Donne and his contemporaries we can draw instruction and encouragement.
Die neueste Publikation, Schweig endlich still und lass mich lieben! Ein John-Donne-Lesebuch, stammt von Michael Mertes. Der war mal der Chefredenschreiber von Helmut Kohl, ich weiß nicht, ob der wirklich der richtige Mann für John Donne ist. Da sollte man lieber Erleuchte, Dame, unsere Finsternis: Songs Sonette Elegien von Wolfgang Held kaufen (man kann hier das sehr lesenswerte Vorwort von Held lesen). Eine akzeptable Sammlung stellt auch Werner von Koppenfels Buch John Donne: Alchimie der Liebe dar. Und die Übersetzungen von Maik Hamburger und Christa Schuenke sind auch zu empfehlen. Viele Übersetzer haben sich Häppchen aus Donnes Werk herausgepickt, eine Übersetzung aller Gedichte des bedeutendsten Dichters Englands seiner Zeit gibt es nicht. Aber dafür gibt es heute Karfreitag 1613. Westwärts reitend zum ersten Mal im Internet:
Karfreitag 1613. Westwärts reitend
Laß Menschen Seele eine Sphäre sein
Den Geist, der sich bewegt, laß Andacht sein
Was noch an Sphären ist, gezeugt und zeugend
Durch fremde Kraft und der sich beugend
Durch äußern Antrieb, denn der treibt die Norm
Daß sie im Jahr kaum ausfülln ihre Form.
Ist es Arbeit oder Lust, die Seele regt
Nur aus dem Urtrieb sich und wird bewegt
Das heißt, wenn westwärts ich getragen bin
Beugt sich die Seele Richtung Osten hin
Beugt sich die Seele Richtung Osten hin
Da sah ich Sonne die im Aufgang sinkt
Und untergehend endlos Taglicht bringt.
Am Kreuz der Schmerzensmann stieg auf und fiel
Am Kreuz der Schmerzensmann stieg auf und fiel
Denn Sünde hat verdunkelt Start und Ziel.
Beinah denk ich froh zu sein: nichts sehe ich
Das Große Spiel, es ist zu schwer für mich.
Wer Gott, dem Leben, ins Gesicht sieht, stirbt
Was für ein Tod, zu sehen wie Gott selber stirbt.
Natur, sein bestes Spielzeug, hegt im Dreck
Sein Steg sank ein, die Sonne scheint zum Gegenzweck.
Kann ich die Sphären stimmen, Pole tragen
Kann ich die Sphären stimmen, Pole tragen
Mit Händen, die am Kreuz zerschlagen?
Kann ich die Höhe greifen, vom Zenit
Zu Antipoden, und begreifen was geschieht
Dort unter uns, kann ich sein Blut ansehn
Aus dem die Seeln, nur seine nicht, entstehn.
Und Erde holn zurück aus Staub, das Tuch
Das Gottes Fleisch war, jetzt zerlumpt, ein Fluch?
Das Gottes Fleisch war, jetzt zerlumpt, ein Fluch?
Wenn das zu sehen mir die Kraft schon fehlt
Wie seine Mutter ansehn, die sich quält
Die Teil von Gott war und die Hälfte gab
Wie seine Mutter ansehn, die sich quält
Die Teil von Gott war und die Hälfte gab
Zum Opfer, lösend uns vom letzten Grab
Westwärts reitend fehlt dem Auge was ich sah
Nur in Gedanken ist der Vorgang nah.
Kann ich vergessen, daß du mich bedenkst
Heiland, der du vor mir am Querholz hängst
Ich zeig den Rücken dir: vor dein Gericht
Muß ich, bis dein Erbarmen Milde spricht.
Sieh an mein Übel, daß du strafst mich bald
Sieh an mein Übel, daß du strafst mich bald
Brenn meinen Schorf aus, meine Mißgestalt
Rück mir dein Bild zurecht, zeig Gnade mir
Daß du mich kennst, und ich kehr mein Gesicht zu dir.
Den englischen Text finden Sie hier. Und dann habe ich das Gedicht noch vorgelesen, mit Musik und Bildern. Und noch ein Video, vorgetragen von jemandem, der mit zwei Collies durch die Landschaft wandert und dabei John Donne rezitiert. Ich weiß nicht, was John Donne dazu gesagt hätte.
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