Dienstag, 2. April 2019

Märchenprinz und Gummibär


Die 77-jährige Dichterin Sonja Struwe Marlin hat beinahe ihr ganzes Leben in Hamburg verbracht. Als sie nach dem Tod ihres Kindes in eine Lebenskrise geriet, begann sie zu schreiben. Fröhliche Gedichte. Sie schickte erste Gedichte an den Norddeutschen Rundfunk, der Moderator Lutz Ackermann las sie in der Sendung Sweet, Soft and Lazy vor. Dass aus den Gedichten dann ganze Gedichtbände wurden, war logisch. Die sechs Gedichtbände von Sonja Marlin, die seit den neunziger Jahren bei der Hanseatischen Edition in Hamburg veröffentlicht wurden, haben beinahe eine sechsstellige Auflagenzahl erreicht. Die Hanseatische Edition ist nicht unbedingt ein seriöser Verlag, da gibt es Witzbücher und Sprüche des Tages. Sonja Marlin ist vielleicht auch keine seriöse Dichterin (obgleich sie manchmal auch religiöse Gedichte verfasst), aber witzig ist sie immer. Ich zitiere mal aus ihrem ersten Gedichtband Märchenprinz und Gummibär, der mich einen Euro gekostet hat, das Gedicht Laue Sommernacht:

Ich laß heut nacht mein Fenster auf.
Vielleicht steigt einer ein,
klettert den Apfelbaum hinauf.
Es könnt doch möglich sein.

Warum ist denn die Luft so lau
und steht der Baum direkt
vor meinem Fenster ganz genau.
Ich hol schon mal den Sekt.

Noch eins? Wir sind heute spendabel:

Ebbe und Flut

Mir träumt, ich bin ein weiter Strand,
und Du, Du bist das Meer.
Mal ziehst Du Dich von mir zurück,
dann kommst Du wieder her.

Und in den Stunden ohne Dich,
da fühle ich mich gut.
Ich liege einfach nur so da
und warte auf die Flut.

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