Donnerstag, 9. April 2020

Charles Baudelaire


Heute vor 199 Jahren wurde Charles Baudelaire geboren. Der war schon einmal in meinem Blog, das wusste ich. Ich guckte mir aber gar nicht an, was ich damals geschrieben hatte, griff mir eine Ausgabe der Fleurs du Mal und suchte mir ein Gedicht heraus. Fand dazu auch zwei deutsche Übersetzungen, und schon war das Ganze in meinem Kopf fertig. Dann guckte ich mir den Post Baudelaire an und sah mit einem gewissen Schrecken, dass ich das Gedicht Horreur sympathique mit den Übersetzungen von Therese Robinson und Stefan George schon vor drei Jahren im Blog hatte. Das wusste ich wirklich nicht mehr, aber ich lasse das Ganze mal stehen. Denn den Baudelaire, der Edgar Allan Poe übersetzt hat, eine Theorie des Dandyismus entwarf und scharfsinnig über Kunst schrieb, kann man immer wieder lesen.

Horreur sympathique

De ce ciel bizarre et livide,
Tourmenté comme ton destin,
Quels pensers dans ton âme vide
Descendent? réponds, libertin.

— Insatiablement avide
De l'obscur et de l'incertain,
Je ne geindrai pas comme Ovide
Chassé du paradis latin.

Cieux déchirés comme des grèves
En vous se mire mon orgueil;
Vos vastes nuages en deuil

Sont les corbillards de mes rêves,
Et vos lueurs sont le reflet
De l'Enfer où mon coeur se plaît.

Anziehender Schauder

Schau dieses Himmels fahle Seltsamkeiten,
Wie dein Geschick zerrissen, wunderlich,
Was mag durch deine leere Seele gleiten,
Was fühlst du bei dem Anblick? Wüstling, sprich.

Ich fühle Gier nach wirren Dunkelheiten,
Nach Qual und Ungewissheit lechze ich,
Doch nicht voll Jammer starr ich in die Weiten,
Wie einst Ovid, da Rom für ihn erblich.

Ihr wild zerrissnen, grauen Himmelsräume,
Ihr seid, wie ich, von Trotz und Stolz erfüllt!
Und eure Wolken trauerflorumhüllt,

Es sind die Leichenwagen meiner Träume,
Von eurem Schein geht fremdes Leuchten aus,
Ein Glanz der Hölle, wo mein Herz zu Haus.

Anziehender Schauder

Der himmel dort seltsam und bleich ·
Zerquält deinem schicksale gleich ·
Woran gemahnt er dich inne?
Sprich · sünder mit leerem sinne!

Unermüdlich beflissen
Des finstern und ungewissen
Wein ich nicht wie Ovid
Der aus römischem eden schied.

Himmel wie klippen zerfahren!
Zu euch schau ich stolz empor.
Ihr wolken im trauerflor

Seid meiner träume bahren ·
In eurem leuchten tagt
Die hölle die mir behagt.

Ich habe das Gedicht hier auch noch einmal vorgelesen.


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