Mittwoch, 29. April 2020

Que reste-t-il de nos amours


Ich hatte eine kleine Liebesgeschichte geschrieben, also diese Sorte Geschichte, die Sie aus Posts wie Vergil oder Sommerkino kennen. Ich suchte noch ein ganz bestimmtes Chanson, das ich dem Ganzen voranstellen wollte. Zeilen aus französischen Chansons waren schon durch den ganzen Text gelaufen, also Dinge wie Et maintenant que vais-je faire?, Ne me quittez pas Dis, quand reviendras-tu?, Parlez-moi d'amour. Der Text wurde beim Schreiben immer länger, aber der Titel des gesuchten Chansons war mir immer noch nicht eingefallen. Ich wusste, worum es im dem Lied ging, das würde perfekt meinen Text abrunden. Alles, worüber ich schrieb, stand in diesem Chanson.

Auch wenn ich, wie Urs Widmer das so schön gesagt hat, ein Erinnerungselephant bin, der Kopf blieb leer. Ich machte mir keine Sorgen, ich schrieb nicht unter Zeitdruck. Irgendwann kommt alles wieder. Dann sah ich bei arte den schönen Film ✺ Un dimanche à la campagne von Tavernier, der schon in dem Post Bertrand Tavernier erwähnt wird. Den habe ich zwar auf einer DVD und die Romanvorlage Monsieur Ladmiral Va Bientot Mourir von Pierre Bost habe ich auch gelesen, aber ich schaute mir den Film noch einmal an, weil ich den wunderbaren Schluss sehen wollte, wo der alte Monsieur Ladmiral eine neue Leinwand auf die Staffelei stellt, und die Kamera durch die Balkontür in den Park hinausfährt. Und wir wissen, er wird jetzt dieses Bild malen, das er immer malen wollte. Oder sterben. Als die bezaubernde Sabine Azéma zum erstenmal im Film erschien, fragte ich mich, warum die eigentlich nie in einem Film von François Truffaut war. Und in dem Augenblick machte es in meinem Gehirn klick, und eine Stimme, die nur ich hören konnte, sagte: Baisers volés.

Das war es, ich hatte das Chanson gefunden. Am Anfang von Truffauts Film ✺ Baisers Volés (der hier schon erwähnt wird) wird es von Charles Trenet gesungen, der den Text auch geschrieben hat. Seine erste Aufnahme zu dem Lied, das Léo Chauliac komponiert hatte, stammt aus dem Jahre 1942. Chauliac begleitete Trenet damals bei seinen Auftritten am Klavier, und gemeinsam schrieben sie Les bruits de Paris (1941) und Trenets größten Erfolg La mer (1942). Aus Trenets Chanson Que reste-t-il de nos amours brauchte ich nur den Refrain, und der ist heute mein Gedicht des Tages:

Que reste-t-il de nos amours
Que reste-t-il de ces beaux jours
Une photo, vieille photo
De ma jeunesse
Que reste-t-il des billets doux
Des mois d' avril, des rendez-vous
Un souvenir qui me poursuit
Sans cesse
Bonheur fané, cheveux au vent
Baisers volés, rêves mouvants
Que reste-t-il de tout cela
Dites-le-moi

Trenet brauchte nur zwölf Zeilen, um das Liebesleid zu beschreiben. Ich brauchte für meine Liebesgeschichte, in der diese Frau die Hauptrolle sspielt, viel mehr. Ich weiß jetzt nicht, was ich mit der Geschichte mache, sie ist dreiundachtzig Seiten lang geworden. Das kann ich wohl kaum als Post einstellen. Bei irgendeinem Billigverlag wie LuLu drucken lassen? Aber dann höchsten in siebzehn Exemplaren, mehr hat Stendhal von De L'Amour zu Lebzeiten auch nicht verkauft. Das Chanson von Trenet kann man nach beinahe achtzig Jahren immer noch kaufen. Neuerdings gibt es auch eine Aufnahme von Ute Lemper, aber das ist nicht dasselbe. Es gibt auch eine wilde Jazznummer von Tiziana Ghiglioni, ist aber auch nicht dasselbe wie Trenet. Man kann aber auch Jacky Terrasson hören.

1 Kommentar:

  1. Lieber Jay,
    wie wäre es mit dieser Version: https://youtu.be/OddALnXIhkE
    und als Nachtisch ein Titel, der mir von Nat King Cole interpretiert nach wie vor am besten gefällt. Die folgende Darbietung hat allerdings ebenfalls ihren Charme: https://youtu.be/-uYVnqOdr9s

    Ich habe heute Abend, nach vielen Jahren, wieder einmal "Vivement Dimanche!" gesehen und in der Nacharbeit bin ich - ebenfalls nach vielen Jahren - wieder bei Ihrem Blog angekommen. Es ist schön, dass es Sie und ihn noch gibt.

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