Mittwoch, 21. Juni 2023

die fünf Schwestern


Das ist ein schönes Bild der fünf Töchter des Charles Ingram, der der neunte Viscount of Irvine war. Es ist ein sehr großes Bild, die Mädchen sind lebensgroß. Das Bild hängt in Temple Newsam, dem Familiensitz der Ingrams, den die älteste Tochter erben wird. Der Maler des Bildes ist Benjamin Wilson, der heute vor dreihundertzwei Jahren geboren wurde. Zur Malerei ist er als Amateur gekommen, William Hogarth hatte ihn gefördert, wahrscheinlich hat er bei Thomas Hudson einiges gelernt. In der Mitte des Jahrhunderts eröffnet er in Sir Godfrey Knellers Haus in London ein Malstudio. Obgleich ihn heute kaum noch jemand kennt, war er damals berühmt und ein Konkurrent des jungen Joshua Reynolds. Sein berühmtester Schüler ist Johann Zoffany.

Den Vater der fünf Töchter hat er natürlich auch gemalt, das ist die routinierte englische Portraitmalerei des 18. Jahrhunderts. Sir Ellis Waterhouse hat in seiner Geschichte der englischen Malerei wenig für Wilson übrig: To contemporaries his vaguely Rembrandtesque use of chiaroscuro seemed a sign of the new age, and as late as 1759 he seemed to some to be superior to Reynolds. His signed and dated portraits on the scale of life are not numerous but enough exist, ranging in date from about 1762 to 1769, for us to feel sure that he was a thoroughly bad painter.


Was Sir Ellis vor siebzig Jahren gschrieben hat, kann nicht das letzte Wort der Kunstgeschichte sein, ein thoroughly bad painter ist unser Benjamin Wilson bestimmt nicht. Dieses Selbstportrait ist nicht das Werk eines schlechten Malers. Aber das lassen wir einmal dahingestellt, wir müssen die zweite Karriere des Benjamin Wilson erwähnen. Er ist ein Naturwissenschaftler, der alles über die Elektrizität weiß, was man im 18. Jahrhundert wissen kann. Er erfindet wie Benjamin Franklin (den er auch portraitiert) einen Blitzableiter, und wie Franklin wird er die Copley Medal erhalten. Die auch John Harrison bekommen hatte, der die erste genau gehende Uhr in der Geschichte der Menschheit erfunden hatte.

Dieses Bild ist nicht von Wilson, John Hoppner (der hier einen langen Post hat) hat es gemalt. Es ist Isabella Ingram, die älteste Tochter des Viscount. Auf dem Bild von Wilson ist sie die Große in der Mitte. Wir werden ihr in der Geschichte Englands wiederbegegnen, weil die große, schlanke elegante Frau 1807 die Geliebte des englischen Königs George IV werden wird. Es ist erstaunlich, was man alles aus Bildern herauslesen kann, wenn man sie genau anschaut.

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