Mittwoch, 8. September 2010

Wilhelm Raabe


Wenn mir der Zufall des Kalenders diesen Ball zuspielt, dass Wilhelm Raabe heute geboren wurde, dann nehme ich den doch gerne auf. Und ich muss dabei auch gleich vorausschicken, dass ich kein Wilhelm Raabe Spezialist bin. Obgleich ich Das Odfeld mit sechs Jahren gelesen habe, der Roman stand bei meinem Opa im Bücherregal. Ich habe natürlich nichts davon verstanden, doch die Sache mit der Rabenschlacht und dem guten Herzog Ferdinand von Braunschweig habe ich immer im Gedächtnis bewahrt. Wenn man klein ist, sind Herzöge etwas Besonderes. Rabenschlachten natürlich auch. Ich glaube aber nicht, dass man das Odfeld mit sechs Jahren richtig verstehen kann.

Aber das ist auch ganz gut so, dass ich Wilhelm Raabe erst im Alter entdecke, denn mittlerweile glaube ich, dass Wilhelm Raabe wirklich etwas für das Alter ist. Mit Ausnahme von dem großartigen Roman Stopfkuchen, den ich vor Jahrzehnten gelesen habe (in der kleinen Manesse Ausgabe), habe ich diesen immer unterschätzten deutschen Romancier erst vor Jahren entdeckt. Obgleich ich natürlich wußte, das Arno Schmidt nette Dinge über seinen Kollegen gesagt hat. Aber wahrscheinlich nur deshalb weil der ein Außenseiter war wie er.

Meine Raabe Lektüre beruht auf dem Zufallsfund im Antiquariat von einem halben Dutzend Bänden einer Raabe Gesamtausgabe (ohne Jahresangabe), die bei Hermann Klemm in Berlin-Grunewald erschienen war. Glücklicherweise waren Der Hungerpastor und Die Chronik der Sperlingsgasse nicht dabei. Raabe hat ja vieles aus seinem Frühwerk als Jugendquark bezeichnet. Aber ich besaß jetzt Abu Telfan oder Die Heimkehr vom Mondgebirge (ein wirklich wunderbarer Roman) und Romane mit so bezaubernden Titeln wie Prinzessin Fisch, Wunnigel oder Der Schüdderump. Altershausen habe ich auch gelesen, ein unvollendetes Spätwerk, braucht man aber nicht zu lesen. Nicht dass ich bereue, es gelesen zu haben, nett, aber es gibt Besseres. Ich habe eine Erstausgabe von 1911, die einen kuriosen Stempel trägt: Alfred Rosenberg-Spende für die Deutsche Wehrmacht, Gau Schleswig-Holstein, Kreisleitung Flensburg. Wer mag das da jemals gelesen haben? Habent sua fata libelli. Mein Antiquar offerierte mir damals eine preiswerte Gesamtausgabe, aber da winkte ich ab, irgendwas in der Größenordnung von achtzig Romanen und Erzählungen - wann soll ich das lesen? Raabe hat fünfzig Jahre gebraucht, um das zu schreiben. Er hat lange schreiben müssen, bis er wirklichen Erfolg gehabt hat, obgleich sich Der Hungerpastor und Die Chronik der Sperlingsgasse immer gut verkauft haben. Im Jahre 1906 hat er eine kleine biographische Skizze verfasst:

Ich bin am 8. September 1831 zu Eschershausen im Herzogtum Braunschweig geboren worden. Mein Vater war der damalige „Aktuar“ am dortigen Amtsgericht, Gustav Karl Maximilian Raabe, und meine Mutter Auguste Johanne Frederike Jeep, die Tochter des weiland Stadtkämmerers Jeep zu Holzminden. Meine Mutter ist es gewesen, die mir das Lesen aus dem Robinson Crusoe unseres alten Landsmanns aus Deensen, Joachim Heinrich Campe beigebracht hat. Was ich nachher auf Volks- und Bürgerschulen, Gymnasien und auf der Universität an Wissenschafte zu erworben habe, heftet sich alles an den lieben feinen Finger, der mir ums Jahr 1836 herum den Punkt über dem i wies.
   Im Jahr 1845 starb mein Vater als Justizamtmann zu Stadtoldendorf und zog seine Witwe mit ihren drei Kindern nach Wolfenbüttel, wo ich das Gymnasium bis 1849 besuchte. Wie mich danach unseres Herrgotts Kanzlei, die brave Stadt Magdeburg, davor bewahrte, ein mittelmäßiger Jurist, Schulmeister, Arzt oder gar Pastor zu werden, halte ich für eine Fügung, für welche ich nicht dankbar genug sein kann.
   Ostern 1854 ging ich nach einem Jahr ernstlicher Vorbereitung nach Berlin, um mir auch „auf Universitäten“ noch etwas mehr Ordnung in der Welt Dinge und Angelegenheiten, soweit sie ein so junger Mensch übersehen kann, zu bringen. Im November desselben Jahres begann ich dort in der Spreegasse die „Chronik der Sperlingsgasse“ zu schreiben und vollendete sie im folgenden Frühling. Ende September 1856 erblickte das Buch durch den Druck das Tageslicht und hilft mir heute noch neben dem „Hungerpastor“ im Erdenhaushalt am meisten mit zum Leben. Denn für die Schriften meiner ersten Schaffensperiode, die bis zu letzterwähnten Buche reicht, habe ich „Leser“ gefunden, für den Rest nur „Liebhaber“, aber mit denen, wie ich meine, freilich das allervornehmste Publikum, was das deutsche Volk gegenwärtig aufzuweisen hat
.

Als ich Das Odfeld nach mehr als einem halben Jahrhundert wieder las, musste ich feststellen, dass ich mich im Roman zuhause fühlte. Nicht nur weil das alles Orte im Weserbergland waren, die ich aus der Kindheit kannte, weil meine Großeltern und ihre ganze Verwandtschaft aus dieser Gegend kamen, sondern weil ich diese Gegend Deutschlands, in der im Roman der Siebenjährige Krieg tobt, aus einem anderen Grund kannte. Und der hieß Eternal Triangle III, ein Großmanöver der Bundeswehr, und ich war als junger Leutnant Verbindungsoffizier zu den Einheiten der britischen Rheinarmee. Ich stellte mit großer Beruhigung fest, dass im Odfeld auch schottische Regimenter vorkamen. Und dass sich in zweihundert Jahren wenig geändert hat, man konnte da noch immer Krieg spielen. Weil der namenlose Feind (im Manöver ROT) immer durch das Fulda Gap (heute gibt es noch gleichnamiges Kriegsspielzeug) kam und schon bis zum Teutoburger Wald gekommen war. Und dann von BLAU wieder in Richtung Solling und Reinhardswald zurückgedrängt werden musste. Und da waren wir dann wieder im Raabe Country. Ich las den Roman und hatte dabei die große Generalstabskarte neben mir liegen, die ich bei Manöverende abgestaubt hatte, so konnte ich den Romanfiguren auf der Landkarte folgen. Ich gebe zu, dass das ein etwas bizarres Leseerlebnis war. Und natürlich kann man Das Odfeld auch ohne eine Karte lesen, auf der englische und deutsche Truppenbewegungen eingezeichnet sind. Aber Das Odfeld sollte man auf jeden Fall lesen.

Als ich vor Jahren meine Wilhelm Raabe Phase hatte, war das schon beinahe eine Art Sucht. Kaum war ein Roman gelesen, wurde der nächste begonnen. Ich weiß nicht, wie es kommt, dass mich sein Erzählen magisch anzieht. Ich wollte vorhin eine Stelle in Alte Nester nachschlagen und ertappte mich dabei, dass ich plötzlich zwanzig Seiten wieder gelesen hatte. Raabe ist ein seltsamer Erzähler. In manchen Dingen steckt er noch im 18. Jahrhundert, er liebt Digressionen wie Laurence Sterne. Von dem steckt (ebenso wie von Dickens oder Thackeray) noch viel in Raabe. Er ist auch in manchem ein Geistesverwandter von Jean Paul. Und wenn der Ich-Erzähler am Ende von Deutscher Mondschein beschließt, seinem in Göttingen Mathematik studierenden Sohn ein Exemplar von Jean Pauls sämtlichen Werken zum nächsten Geburtstag zu schenken, so ist die Namensnennung Jean Paul sicherlich kein Zufall.

Raabe hat viel, viel Zeit bei seinem wunderbar verschnörkelten Erzählen, das ist eine junge Generation heute nicht mehr gewohnt. Ich zitiere hier einmal aus einem Leser Forum die Daniela, die Stopfkuchen bis Donnerstag lesen soll, es lieber hinschmeißen möchte und im Forum fragt, ob jemand Leseerfahrungen mit dem Roman hätte. Anja rät ihr jedoch zum Weiterlesen.

Guten Morgen, Anja!
Vielen Dank für die Aufmunterung... aber noch mal ne Frage: ab WANN lohnt es sich denn????
ich bin jetzt bei der Hälfte, und bisher hats mich noch nicht gepackt.
Er ist so unglaublich geschwätzig, das empfinde ich als sooooo nervig.
Und dieser Stopfkuchen Schaumann ist mir in seiner Art so unsympathisch, ich kanns gar nicht sagen.
*Seufz*... mal sehen, ob ich es schaffe, mich bis morgen dann ganz durchzuquälen...
*g*.. vielleicht kommt von dir ja nochmals ne Aufmunterung, indem du erzählst, WAS dich gefesselt hat?
Danke, einen schönen Tag!!!
Daniela


Tja, was soll man dazu sagen? Wenn es hier um Stifters Nachsommer ginge (den ich nie zu Ende bekommen habe) oder Brigitte Kronauers Berittener Bogenschütze (schweres Brot), dann könnten wir ja drüber reden. Aber Stopfkuchen! da braucht man sich doch nicht zu quälen. Das ist doch erzähltechnisch gesehen schon ein moderner Roman vom Meister dessen, was man heute so schön poetischer Realismus nennt. Raabe ist jetzt hundert Jahre tot, aber er ist immer noch modern, auch wenn sich das noch nicht herumgesprochen hat.

Meine Leseempfehlung für jeden, den ich jetzt vielleicht neugierig gemacht habe, wären auf jeden Fall: Das Odfeld, Abu Telfan und Stopfkuchen. Wenn man die gelesen hat, ist man in Raabes Welt schon beinahe zuhause. Man merkt auch, dass er beinahe immer nur einen Roman schreibt, aber immer wieder anders. Immer wieder sind es die Verliererfiguren, die der selbstgefälligen Spießigkeit der Gesellschaft entgegengesetzt werden. Und immer wieder gewinnen sie (oder all die Käuze und Sonderlinge in der Raabeschen Welt), wie Wilhelm Raabe selbst, eine tiefere Einsicht in das Wesen der Welt. So findet Gero von Wilperts Lexikon der Weltliteratur Raabes dichterischen Höhepunkt im abgeklärten, heiter gelösten, lebenswerten Alterswerk der Braunschweiger Zeit vom stillen Heldentum und klagloser Selbstüberwindung. Ich kriege solche Sätze nie so schön hin, aber wenn Sie Abu Telfan und Stopfkuchen gelesen haben, können Sie das unterschreiben.

Natürlich kann man auch Pfisters Mühle (mit dem ironischen Titel Ein Sommerferienheft) lesen. Der Roman wird heute als Öko-Krimi angepriesen, als er 1884 erschien mochte man diese Kritik an Gewinnstreben und Umweltverschmutzung gar nicht, in der solche Sätze standen: Erfreulich war’s nicht anzusehen... Schleimige Fäden hingen um die von der Flut erreichbaren Stämme des Ufergebüschs und an den zu dem Wasserspiegel herabreichenden Zweigen der Weiden. Die Wassermühle flussabwärts arbeitet nicht mehr, ihr Schaufelrad ist wie von stinkenden Algen verklebt, und die ihr angeschlossene idyllische Gartenwirtschaft bleibt ohne Gäste, weil diese den Gestank nicht ertragen können. Das kennen wir doch irgendwie.

Die irische Professorin Eda Sagarra vom Trinity College in Dublin geniesst auch unter deutschen Germanisten ein großes Renommee. Ihr Buch Tradition and Revolution: German Literature and Society 1830-1890 aus dem Jahre 1971 wurde schon 1972 vom List Verlag in einer deutschen Paperback Ausgabe auf den Markt gebracht. Das war ziemlich sensationell, denn normalerweise beachtete damals die deutsche Germanistik ihre englischen Kollegen überhaupt nicht, Leute wie Benno von Wiese waren sich selbst genug. Das Buch füllte eine Lücke, weil es ein derartiges Werk damals noch nicht gab - heute verknüpft ja jeder Literaturwissenschaftler Gesellschaft und Literatur. Was mich an dem Buch irritierte war, dass sie Wilhelm Raabe und Theodor Fontane in einem Kapitel (chapter 14 Two Novelists of the Empire: Fontane and Raabe) behandelte. Für mich lebten die beiden in verschiedenen Welten, waren  soweit voneinander entfernt wie das Mondgebirge von Hohen-Cremmen.

Aber heute hat sich in der Germanistik diese Ansicht anscheinend durchgesetzt. Ich habe Eda Sagarra mehrfach getroffen, da meine Universität ein Partnerschaftsabkommen mit dem Trinity College hatte, aber ich habe es versäumt, mit ihr über Wilhelm Raabe zu reden. Wenn man (wie ich damals) nur zwei Raabe Romane gelesen hat, fängt man lieber keine Diskussion mit den Spezialisten an. Und das bringt mich zu dem, was man so schön Sekundärliteratur nennt. Manche können ja nicht ohne so etwas leben, denn viele Schüler kennen die im Unterricht behandelten Werke nicht im Original sondern nur aus Dr. Königs Erläuterungen. Und viele Literaturprofessoren - das füge ich jetzt einmal gehässig hinzu - kennen die Werke, über die sie reden nur aus Kindlers Literatur Lexikon. Aber braucht man für die Wilhelm Raabe Lektüre Sekundärliteratur? Die Daniela aus dem Forum jetzt einmal ausgenommen. Denn wir sind doch die „Liebhaber“ von denen Raabe gesprochen hat, das allervornehmste Publikum, was das deutsche Volk gegenwärtig aufzuweisen hat.

Bei Theodor Fontane bewege ich mich auf gesichertem Boden, ich habe mindestens einen Meter Sekundärliteratur im Regal stehen. Aber gibt es gute Bücher über Wilhelm Raabe (Eda Sagarra jetzt mal ausgenommen)? Es gibt einen Band in der Reihe der rowohlts monographien, der ist mit schönem Fleiß gemacht, aber ich weiß nicht, ob man ihn empfehlen kann, weil der Verfasser Hans Oppermann vor 1945 ein großer Nazi gewesen ist. Es gibt natürlich eine Wilhelm Raabe Gesellschaft, die ein Jahrbuch herausgibt, und es gab auch schon mal eine Wilhelm Raabe Stiftung in der NS-Kulturgemeinde. Deren Ziel war es offenbar, aus Raabe einen Antisemiten und Vorbereiter des Nationalsozialismus zu machen. Ich weiß nicht, ob es Abwegigeres gibt.

Ich habe gelesen, dass die germanistische Fachwelt neuerdings den Roman Die Akten des Vogelsangs hoch bewertet, und habe in den Regalen meines Antiquariats danach gesucht. Unglücklicherweise hatte Harald Michael Eschenburg nur eine Erstausgabe. Musste ich leider kaufen. Habe leider auch gleich angefangen zu lesen, was der penible Beamte Dr. iur. Karl Krumhardt über seine Jugendgespielen zu berichten hat, und wenn ich jetzt nicht mit dem Lesen aufhöre, dann kommt dies hier nie ins Netz.

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6 Kommentare:

  1. Hallo Jay,

    meinen Dank für dieses schöne Feuilleton! Ich selbst kenne nur weniges von Raabe, aber allein für 'Die Akten des Vogelsang' gebe ich gern den halben Fontane.

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  2. Lieber Jay,

    es freut mich, Ihr Lob des „Stopfkuchen“ zu lesen, der eine meiner prägendsten Leseerfahrungen war. Nicht dass ich ihn für ein rundum gelungenes Werk hielte. Aber es gibt ja diese Lektüren, an die man sich ein Leben lang glücklich erinnert, weil man mit so großer Ruhe und Konzentration gelesen hat, dass einem war, als hätte man restlos alles verstanden und wäre dem Autor ganz nah. Und eine dieser Lektüren war in meinem Fall eben der „Stopfkuchen“. (Eine andere war übrigens Schopenhauers „Welt als Wille und Vorstellung“, auf die Raabe im „Stopfkuchen“ versteckt anspielt, wenn ich mich richtig erinnere – geheime Verbindungen offenbar.)

    Entdeckt habe ich den „Stopfkuchen“ durch den verehrten Professor Horst Denkler, der sich 1996 an der FU Berlin ein Semester lang so viel Zeit für Raabe nahm wie Raabe sich für sein Erzählen und der seine Studenten ebenso für diesen fast vergessenen Autor wie, unabhängig von Raabe, für die bevorzugte Lektüre der sog. Primärliteratur zu begeistern vermochte.

    Wäre dieses Glück doch auch dem Verleger widerfahren, für den ich später einmal zwei Jahre als Redakteur arbeitete! Dann wäre aus ihm vielleicht ein echter Leser geworden anstelle eines Bildungssimulanten, der mit inhaltslosen Begriffen wie „Weltliteratur“ hantierte und, als ich den „Stopfkuchen“ zur Aufnahme in sein „Buch der 1000 Bücher“ vorschlug, höhnte, jaaaa, der „Weltliterat Raabe“ mit seinem „Stopfkuchen“, der gehöre bestimmt dort hinein etc. pp. Letztlich ist der „Stopfkuchen“ aber ins Buch hineingekommen, und so konnte ich ein wenig dazu beitragen, dass Raabe nicht endgültig in Vergessenheit gerät. Wenn auch nicht so viel wie Sie mit diesem sehr schönen Feuilleton in diesem sehr schönen Blog, das ich gerade entdeckt habe und das mich in die Spur meiner Interessen zurückgebracht hat. Danke!

    Beste Grüße

    Pippo Kanone

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  3. Wenn Sie in das kleine Suchfeld oben links 'Wilhelm Raabe' eingeben, werden Sie sehen, dass in diesem unübersichtlichen Kuddelmuddel-Kulturblog noch mehr Wilhelm Raabe ist. Ich persönlich mag den Post 'Hecken' sehr gerne.

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  4. Ebenfalls sehr schön; und insgesamt ist dies das interessanteste Kuddelmuddel, das mir je untergekommen ist. – Aber wer hat denn nun Kienbaum umgebracht?

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  5. Denkt man zunächst, aber dann stößt man auf diese Worte Heinrich Schaumanns: „Ich habe Kienbaum völlig totgeschlagen ... Wenn ein Mensch Kienbaum totgeschlagen hat, so bin ich der Mensch und Mörder.“ Doppeldeutige Worte, die ebenso die endgültige Aufklärung der Mordgeschichte meinen wie ein Geständnis darstellen können. Letztlich bleibt offen, wer den Mord begangen hat; sicher ist nur, dass Schaumann mit seinen Mitteln, denen der Beobachtung und der Sprache, die Bürgerwelt aus den Angeln gehoben und wenn nicht reale Macht, so zumindest die Deutungshoheit erlangt hat. Der Verlierer schreibt die Geschichte. Und „nehmen Sie ... den dicken Schaumann als den dürren Raabe, so haben Sie eine ganz feine Symbolik“, schrieb Raabe an Paul Heyse. Der „Stopfkuchen“ ist wirklich modern.

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