Annette von Droste-Hülshoff ist am 24. Mai 1848 auf der Burg Meersburg in Meersburg gestorben. Mein Freund Peter in Hamburg mag sie, ich habe mein Leben lang um sie einen Bogen gemacht. Nicht, dass ich sie nie gelesen hätte, ich habe sie sogar einige Male in diesem Blog erwähnt, aber ich bin ohne sie ausgekommen. Dennoch habe ich an diesem Tag etwas anzubieten, nämlich zwei Gedichte. Nicht von der Droste, es sind Gedichte von anderen Dichtern. Das erste Gedicht ist von Sarah Kirsch, die Marcel Reich-Ranicki 1980 als der Droste jüngere Schwester bezeichnet hat. Das Gedicht, das häufig zitiert worden ist, findet sich in dem Band Zaubersprüche (1973):
Der Droste würde ich gern Wasser reichen
in alte Spiegel mit ihr sehen, Vögel
nennen, wir richten unsre Brillen
auf Felder und Holunderbüsche, gehen
glucksend übers Moor, der Kiebitz balzt
Ach, würde ich sagen, Ihr Lewin –
schnaubt nicht schon ein Pferd?
Die Locke etwas leichter – und wir laufen
den Kiesweg, ich die Spätgeborne
hätte mit Skandalen aufgewartet – am Spinett
das kostbar in der Halle steht
spielen wir vierhändig Reiterlieder oder
spielen wir vierhändig Reiterlieder oder
das Verbotene von Villon
Der Mond geht auf – wir sind allein
Der Gärtner zeigt uns Angelwerfen
bis Lewin in seiner Kutsche ankommt
der schenkt uns Zeitungsfahnen,
Schnäpse gießen wir in unsre Kehlen, lesen
Der Mond geht auf – wir sind allein
Der Gärtner zeigt uns Angelwerfen
bis Lewin in seiner Kutsche ankommt
der schenkt uns Zeitungsfahnen,
Schnäpse gießen wir in unsre Kehlen, lesen
Beide lieben wir den Kühnen, seine Augen
sind wie grüne Schattenteiche, wir verstehen
uns jetzt gründlich auf das Handwerk Fischen
Das zweite Gedicht ist, Sie ahnen das schon, von Gottfried Benn. Das muss am Todestag der Droste zitiert werden, das geht nicht anders:
In jenem kleinen Bett, fast Kinderbett, starb die Droste
(zu sehn in ihrem Museum in Meersburg),
auf diesem Sofa Hölderlin im Turm bei einem Schreiner,
Rilke, George wohl in Schweizer Hospitalbetten,
in Weimar lagen die großen schwarzen Augen
Nietzsches auf einem weißen Kissen
bis zum letzten Blick −
alles Gerümpel jetzt oder garnicht mehr vorhanden,
unbestimmbar, wesenlos
im schmerzlos-ewigen Zerfall.
Wir tragen in uns Keime aller Götter,
das Gen des Todes und das Gen der Lust −
wer trennte sie: die Worte und die Dinge,
wer mischte sie: die Qualen und die Statt,
auf der sie enden, Holz mit Tränenbächen,
für kurze Stunden ein erbärmlich Heim.
Kann keine Trauer sein. Zu fern, zu weit,
zu unberührbar Bett und Tränen,
kein Nein, kein Ja,
Geburt und Körperschmerz und Glauben
ein Wallen, namenlos, ein Huschen,
ein Überirdisches, im Schlaf sich regend,
bewegte Bett und Tränen −
schlafe ein!
Das zweite Gedicht ist, Sie ahnen das schon, von Gottfried Benn. Das muss am Todestag der Droste zitiert werden, das geht nicht anders:
In jenem kleinen Bett, fast Kinderbett, starb die Droste
(zu sehn in ihrem Museum in Meersburg),
auf diesem Sofa Hölderlin im Turm bei einem Schreiner,
Rilke, George wohl in Schweizer Hospitalbetten,
in Weimar lagen die großen schwarzen Augen
Nietzsches auf einem weißen Kissen
bis zum letzten Blick −
alles Gerümpel jetzt oder garnicht mehr vorhanden,
unbestimmbar, wesenlos
im schmerzlos-ewigen Zerfall.
Wir tragen in uns Keime aller Götter,
das Gen des Todes und das Gen der Lust −
wer trennte sie: die Worte und die Dinge,
wer mischte sie: die Qualen und die Statt,
auf der sie enden, Holz mit Tränenbächen,
für kurze Stunden ein erbärmlich Heim.
Kann keine Trauer sein. Zu fern, zu weit,
zu unberührbar Bett und Tränen,
kein Nein, kein Ja,
Geburt und Körperschmerz und Glauben
ein Wallen, namenlos, ein Huschen,
ein Überirdisches, im Schlaf sich regend,
bewegte Bett und Tränen −
schlafe ein!
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