Dienstag, 30. April 2024

Ukraine


Da ich in dem Post Robert Desnos die Firma Messerschmitt in Regensburg erwähnt habe, muss ich eine kleine Geschichte erzählen, die ich von meiner Freundin Nina habe. Nina ist in Regensburg geboren, wo ihr Vater für die Messerschmitt Werke gearbeitet hat. Aber nicht freiwillig. Ihr Vater kam aus der Ukraine und wurde im Krieg von den Deutschen aufgegriffen und als Zwangsarbeiter nach Regensburg verschleppt. Musste in den Messerschmitt Werken arbeiten. Er sah die Donau und dachte sich, wenn er lange genug an der Donau entlang gehen würde, dann käme er irgendwann wieder nach Hause. Es ist ein langer Weg von Regensburg bis zur ukrainischen Donaumündung. Er wurde nach wenigen hundert Kilometern wieder von den Deutschen ergriffen und kam in das KZ Flossenbürg. Wo die Firma Messerschmitt auch Flugzeuge bauen lässt. Aber kurz danach war der Krieg zu Ende und die Amerikaner nahmen das Lager ein. Er ging nach Regensburg zurück, weil er da eine Frau kennengelernt hatte, die Ninas Mutter werden würde. Nina spricht neben anderen Fremdsprachen ukrainisch und russisch, damit ist sie aufgewachsen. Sie hat in den letzten Jahren viel Zeit damit verbracht, ukrainischen Flüchtlingen zu helfen. Bei Behördengängen und Arztbesuchen. So ist die Ukraine ihres Vaters ein bisschen zu ihr zurückgekommen.

Der Dichter Reiner Kunze hat 2016 eine Lesereise in die Ukraine gemacht, er las in Kiew und Czernowitz. Dem Ort, in dem Rose Ausländer und Paul Celan geboren wurden. Seine Erfahrungen in der Ukraine wanderten in Gedichte, die sich in dem Band die stunde mit dir selbst finden. Ich nehme daraus einmal das Gedicht Ukrainische Nacht, dem Kunze ein Zitat von Rose Ausländer vorangestellt hat: Der Karpatenrücken… lädt dich ein dich zu tragen:

Ukrainische nacht

Das land,
verstümmelt,
veruntreut,
verraten,
hob mich auf den rücken der Karpaten,
und im wachtraum hörte ich
die dichterin die mutter fragen,
was diese gern geworden wäre, und die mutter sagen:
eine nachtigall

Da begannen alle nachtigallen
in den hainen, die ich in mir trug, zu schlagen,
und ich hörte schüsse fallen
und den namen widerhallen:
Maidan, Maidan

Und in des namens klang
klang der name an
des dichters, dessen wort wir in uns tragen:
Der Tod ist ein Meister aus Deutschland

Doch weiß man hier, der tod kam nicht
aus Deutschland nur, er kam
mit zweierlei gesicht,
und riesig ist das land, wo man
ihm blumen steckt und ruhmeskränze flicht.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen