Montag, 22. November 2010

Milk Snatcher


Wednesday June 10th
Pandora and I are in love! It is official! She told Claire Nelson, who told Nigel, who told me. I told Nigel to tell Claire to tell Pandora that I return her love. I am over the moon with joy. I can overlook the fact that Pandora smokes five Benson and Hedges a day and has her own lighter. When you are in love such things cease to matter.


Der junge Schriftsteller, der hier sein Tagebuch schreibt, heißt Adrian Mole. Er ist dreizehndreiviertel. Bevor er seinen amourösen Triumph in sein geheimes Tagebuch (aus dem zu zitieren ich mir erlaube) eintragen konnte, lag eine lange Werbezeit. Und Liebesgedichte wie dieses:
Pandora!
I adore ya.
I implore ye
Don't ignore me.

(Sunday, 14 March)


Das geheime Tagebuch von Adrian Mole ist ein Dokument der Thatcher Jahre. Und an die möchte ich doch einmal kurz erinnern, weil die englische Premierministerin Margaret Thatcher heute vor zwanzig Jahren ihren Rücktritt bekanntgegeben hat. Falls Sie sich nicht mehr so ganz erinnern, das war die Dame, die zuerst milk snatcher hieß (Thatcher, Thatcher, milk snatcher), weil sie die kostenlose Schulspeisung strich. Danach hieß sie eiserne Lady und trieb England in einen völlig sinnlosen Krieg. Da fiel es gar nicht auf, dass die Arbeitslosigkeit so hoch wie nie zuvor war. 

Weil jetzt die halbe Nation besoffen war vor ➱Nationalstolz. Und das alles wegen einer Insel voller Schafe und Pinguine am anderen Ende der Welt. Da hatten die Limeys es dem Rest der Welt aber mal wieder gezeigt, dass das Rule Britannia immer noch gilt. Natürlich gab es diese gemeinen Kritiker, die die Leistung der Premierministerin nicht anerkannten. Aber wer wird denn von der Massenarbeitslosigkeit reden, wenn selbst tumbe Essex lads an der Börse zu Yuppies mutierten und sich plötzlich alle Savile Row Anzüge leisten konnten? Obgleich sie natürlich niemand für Sloane Ranger gehalten hätte, kauften sie sich alle das Sloane Ranger Handbook, weil sie noch weiter nach oben kommen wollten. Weil England unter Mrs Thatcher zu einem Selbstbedienungsladen geworden war. Natürlich nicht für die Familie von Adrian Mole. Und in diesem Sinne kann man auch das bittere Gedicht Mrs Thatcher (aus den Growing Pains of Adrian Mole) des jungen Dichters verstehen:

Do you weep, Mrs Thatcher, do you weep?
Do you wake, Mrs Thatcher, in your sleep?
Do you weep like a sad willow?
On your Marks and Spencer's pillow?
Are your tears molten steel?
Do you weep?
Do you wake with 'Three Million' on your brain?
Are you sorry that they'll never work again?
When you're dressing in your blue, do you see the waiting queue?
Do you weep, Mrs Thatcher, do you weep?


Ob Mrs Thatcher das jemals gelesen hat? Oder, die Ode auf Friedrich Engels, die der junge Dichter in seinem Band The Growing Pains of Adrian Mole veröffentlichte?

Ode to Engels or Hymn to the Modern Poor

Engels, you catalogued the misfortunes of the poor in days of yore,
Little thinking that the poor would still be with us in nearly 1984.
Yet stay! What is this I see in 1983?
'Tis a queue of hungry persons outside the Job Centre.
Though rats and TB be but sad memories
The pushchairs of the modern poor contain pasty babies with hacking coughs
Young mothers draw on number six
Young fathers queue to pay fines
Old people watch life pass by the plate-glass windows of council homes
Oh Engels that you were still amongst us pen in hand
Your indignation a-quiver
Your fine nose tuned to the bad smells of 1983
.

Adrian Mole hat heute einen eigenen Wikipedia Artikel. Die Baronin Margaret Hilda Thatcher of Kesteven hat auch einen. Die hat auch ihre Memoiren geschrieben. Aber wenn man wissen will, wie es in England in den Thatcher Years aussah, dann sollte man lieber Adrian Mole lesen.

Und wenn man sich England heute ansieht, also das England jenseits der Touristenziele, jenseits von Jermyn Street und Savile Row, hat sich da so viel geändert? Zugegeben, das Photo links ist aus den frühen fünfziger Jahren, aber es gibt Gegenden, da hat sich nicht so viel geändert. Man hat etwas länger gebraucht, um zu erkennen, dass Cool Britannia nur ein Werbespruch war. Und Tony Blair nur Maggie Thatcher in disguise war. Und so zitieren wir hier zum Schluss Adrians geradezu prophetisches Gedicht aus The Growing Pains of Adrian Mole aus dem Jahre Nineteen Eighty-Four:

The Future - written on the toilet wall 
What future is there for the young?
What songs are waiting to be sung?
There are no mountains left to climb,
No poetry without a rhyme.
No jobs to go to after school.
We divide and still they rule.
They give us Job Creation Schemes.
When what we want are hopes and dreams.



3 Kommentare:

  1. Und ich erinnere mich noch an eine Aufnahme eines Konzerts von Bob Dylan, der einen Riesenbeifall bekam, als er dei Zeile sang: "I ain't gonna work on Maggies farm no more".

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  2. Sehr schöne Zeitdokumente sind auch The Smiths- und Morrissey-Songs wie "Interesting Drug" oder auch die guten Housemartins - "Get Up Off Your Knees", "Happy Hour" oder mein persönlicher Favorit "I Can't Put My Finger On It".

    The Viceroy

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  3. Ich bedanke mich für diese Kommentare (und etliche hier nicht zitierte Mails). Ich glaube, ich muss da noch mal heran. Ich wollte zuerst all diese schönen Beispiele aus der Popular Culture zitieren - und noch solche Filme wie beispielsweise "My Beautiful Laundrette" oder "The Plowman's Lunch". Ich wollte auch aus Piers Morgans "The Insider" zitieren, wie Maggie sich kurz nach ihrem Rücktritt mit Whisky volllaufen lässt - aber dann habe ich mir gedacht, beschränke dich auf Adrian Mole. Ich komme da irgendwann noch einmal drauf zurück.

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