Dienstag, 24. April 2012

Nathaniel Hone


Das hier ist ➱Sir John Fielding, gemalt von dem irischen Maler Nathaniel Hone (der heute vor 294 Jahren geboren wurde). Hone hatte als Portraitmaler sein Auskommen, vor allem deshalb, weil er sich auch auf die Miniatur- und Emailmalerei spezialisiert hatte. Eine wirklich Konkurrenz für Sir Joshua Reynolds war er nie. Dennoch bleibt sein Name für immer mit dem von Sir Joshua verbunden. Weil das Bild The Pictorial Conjuror, displaying the Whole Art of Optical Deception, das er 1775 für die Ausstellung der Royal Academy eingereicht hatte, den größten Kunstskandal des 18. Jahrhunderts verursachte.

Es wurde natürlich von der Royal Academy abgelehnt. Nicht nur, weil man im Hintergrund die nackte ➱Angelika Kauffmann zu entdecken glaubte, sondern weil jeder das Bild als einen satirischen Angriff auf den Präsidenten der Royal Academy ➱Sir Joshua Reynolds verstand. Aber Skandale in der Kunst sind gut für's Geschäft, und Nathaniel Hone nutzte die Kunst der Stunde. In der St Martin's Lane, gegenüber von ➱Slaughter's Coffee House stellte er seine Bilder aus, die erste one man show in der Geschichte der englischen Malerei (Sie finden ➱hier eine Liste der ausgestellten Werke). Auf diese Weise erhielt das Bild ein größeres Publikum, als wenn es in den Sälen der Royal Academy gehangen hätte.

Lassen Sie mich von dem Kunstskandal zu dem Bild ganz oben zurückkehren. Dieser Sir John Fielding, den Hone (hier ein Selbstportrait von Hone) gemalt hat, hat eine erstaunliche Karriere gehabt. Mit neunzehn Jahren hatte er als Seekadett in der Royal Navy bei einem Unfall sein Augenlicht verloren. Das hat ihn aber nicht daran gehindert, geschäftlich erfolgreich zu sein und mit Hilfe seines Bruders ein Jurastudium zu absolvieren. Und während Henry Fielding seine Romane schreibt und nebenbei als Friedensrichter und magistrate die Londoner Polizei (die sogenannten ➱Bow Street Runners) aufbaut, hilft ihm sein Bruder bei all diesen Dingen. Außer dem Romanschreiben, das macht Henry ganz alleine.

Doch mit der Welt des Romans wird John Fielding (hier ein Altersbild, auf dem er wie die verkörperte Justitia aussieht, die ja bekanntlich blind ist) auch etwas zu tun haben, wenn auch erst nach seinem Tod. Nach dem frühen Tod seines Bruders Henry hatte John dessen Stelle eingenommen und war sozusagen zum Polizeichef von London geworden (obgleich es dieses Amt noch nicht gab), ein Amt, das er ein Vierteljahrhundert wahrnehmen wird. Das erste Mal, das John Fieldings Name in der Literatur auftaucht, ist in einer Schmähschrift der Londoner Justiz von einem gewissen Robert Holloway, wenn Sie wollen, können Sie ➱The rat-trap hier lesen. Muss aber nicht sein.

Mr Haredale bowed, and rode off, close beside the chaise as before; determining to repair to the house of Sir John Fielding, who had the reputation of being a bold and active magistrate, and fully resolved, in case the rioters should come upon them, to do execution on the murderer with his own hands, rather than suffer him to be released. Hier sind wir schon in der Welt des Romans, es ist Charles Dickens' Roman Barnaby Rudge. Wenn man so will, ist das auch ein Krimi. Obgleich es eigentlich eher ein historischer Roman ist, der während der Gordon riots spielt, haben viele Historiker des Detektivromans in ihm einen Vorläufer des Detektivromans gesehen.

Barnaby Rudge wird nicht der einzige Roman bleiben, in dem der Blind Beak of Bow Street (beak ist Slang für judge) vorkommt, er und seine Bow Street Runners (hier bei der Arbeit) stehen im Zentrum von zehn Romanen von Bruce Cook (unter dem Pseudonym Bruce Alexander geschrieben). Cook hatte ein Buch über die Bow Street Runners gelesen, als ihm die Eingebung kam, den blinden Richter in einen Detektivroman hineinzuschreiben: I may not be the world's cleverest writer, but I knew a great character when he leaped off the pages at me. Aus dem einen Roman sind zehn geworden, die vom Publikum wohlwollend aufgenommen (und auch ins Deutsche übersetzt) wurden. Vielleicht weniger als ingeniöse Kriminalromane denn als gut recherchierte historische Romane, in denen das 18. Jahrhundert lebendig wird. Krimifreunde können ➱hier ein Interview mit Bruce Cook lesen.

Historische Kriminalromane sind ja jetzt en vogue, oder sollte man sagen: sie sind schon eine Pest geworden? Die ➱Zeit offeriert ein Dutzend für 54€, kann ich nix zu sagen, ich kenne keinen davon. Irgendwie scheint das ein Sub-Genre der Gattung geworden zu sein, wobei die Bandbreite groß ist. Man findet Qualität wie ➱Josephine Teys The Daughter of Time und Edith Pargeters (als 'Ellis Peters') ➱Cadfael Chronicles auf der einen Seite und viel Trash auf der anderen Seite. Sehr viel Trash. Vielleicht schreibe ich ein anderes Mal darüber. Wir brauchen jetzt zum Schluss noch ein Gedicht. Muss natürlich etwas mit dem Genre zu tun haben. Also nehme ich The Detective von Sylvia Plath:

What was she doing when it blew in
Over the seven hills, the red furrow, the blue mountain?
Was she arranging cups? It is important.
Was she at the window, listening?
In that valley the train shrieks echo like souls on hooks.

That is the valley of death, though the cows thrive.
In her garden the lies were shaking out their moist silks
And the eyes of the killer moving sluglike and sidelong,
Unable to face the fingers, those egotists.
The fingers were tamping a woman into a wall,

A body into a pipe, and the smoke rising.
This is the smell of years burning, here in the kitchen,
These are the deceits, tacked up like family photographs,
And this is a man, look at his smile,
The death weapon? No-one is dead.

There is no body in the house at all.
There is the smell of polish, there are plush carpets.
There is the sunlight, playing its blades,
Bored hoodlum in a red room
Where the wireless talks to itself like an elderly relative.

Did it come like an arrow, did it come like a knife?
Which of the poisons is it?
Which of the nerve-curlers, the convulsors? Did it electrify?
This is a case without a body.
The body does not come into it at all.

It is a case of vaporization.
The mouth first, its absence reported
In the second year. It had been insatiable
And in punishment was hung out like brown fruit
To wrinkle and dry.

The breasts next.
These were harder, two white stones.
The milk came yellow, then blue and sweet as water.
There was no absence of lips, there were two children,
But their bones showed, and the moon smiles.

Then the dry wood, the gates,
The brown motherly furrows, the whole estate.
We walk on air, Watson.
There is only the moon, embalmed in phosphorus.
There is only a crow in a tree. Make notes.

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