Mittwoch, 1. Dezember 2010

Elche und Neurosen


I shot a moose once. I was hunting in upstate New York, and I shot a moose, and I strap him on to the fender of my car, and I’m driving home along the West Side Highway, but what I didn’t realise was that the bullet did not penetrate the moose. It just creased the scalp, knocking him unconscious. And I’m driving through the Holland Tunnel – the moose woke up. So I’m driving with a live moose on my fender. The moose is signalling for a turn.
There’s a law in New York state against driving with a conscious moose on your fender Tuesday, Thursday and Saturday. And I’m very panicky, and then it hits me: some friends of mine are having a costume party. I’ll go, I’ll take the moose, I’ll ditch him at the party. It wouldn’t be my responsibillity.
So I drive up to the party and I knock on the door. The moose is next to me. My host comes to the door. I say, “Hello, you know the Solomons.” We enter. The moose mingles. Did very well. Scored. Two guys were trying to sell him insurance for an hour and a half.
Twelve o’clock comes – they give out prizes for the best costume of the night. First prize goes to the Burkowitzes, a married couple dressed as a moose. The moose comes in second. The moose is furious. He and the Burkowitzes lock antlers in the living room. They knock each other unconscious. Now, I figured, is my chance. I grab the moose, strap him onto my fender and shoot back up the road – but I got the Burkowitzes by mistake instead! So I’m driving along with two Jewish people on my fender, and there’s a law in New York State … Tuesdays, Thursdays and especially Saturdays.
The following morning the Burkowitzes wake up in the woods, in a moose suit. Mr Burkowitz is shot, stuffed and mounted - at the New York Athletic Club, and the joke is on them, because Jews aren’t allowed in.


Da war er manchmal noch witzig, als er noch ein stand-up comedian war. Ich kaufte damals sogar seine Platten. Obgleich man sagen muss, so wirklich witzig war er eigentlich nie. Bob Newhart war witziger und hatte mehr Bühnenpräsenz. Bei Woody Allen wirkte es immer, als wollte er am liebsten aus dem Scheinwerferkegel fliehen, er war keine Rampensau. Peter Frankenfeld hatte mehr Ausstrahlung. Aber Woody verstand es, irgendwie den Eindruck zu vermitteln, dass er ein Intellektueller war. People have always thought of me as an intellectual comedian, and I am not. I'm a one-liner comic like Bob Hope an Henry Youngman. I do the wife jokes. I make faces. I'm a comedian in the classic style. Es war nur intellektuell, indem er Witze über Intellektuelle machte. Und mit seiner Version der Ostküsten Ivy League Mode einen neurotischen New Yorker Intellektuellen spielte, ohne einer zu sein. Neurotisch war er schon. Wenn wir Georg Schramm auf der Bühne sehen, dann wissen wir, dass der einarmige, preußisch-konservative Rentner Lothar Dombrowski, der Oberstleutnant Sanftleben und der hessischen Sozialdemokrat und Gewerkschafter Drucker August nur Kunstfiguren sind. Niemand käme auf die Idee zu sagen, dass der Oberstleutnant Sanftleben Georg Schramm ist. Bei Woody Allen halten alle die Bühnenrolle des Intellektuellen für den wirklichen Woody Allen. Sehr seltsam.

Allen war ansonsten völlig unpolitisch und besaß keinerlei sozialkritisches Engagement. Dinge wie Andy Kaufman hätte er nie zustande gebracht. Er war highbrow für ein lowbrow Publikum. Viele Unterhaltung, die aus England kam, war geistreicher als der New Yorker schlemihl. Ich will jetzt nicht noch einmal den Namen Georg Schramm ins Spiel bringen, der mit welcher persona auch immer, schon vor zehn, zwanzig Jahren auf der Bühne (so klein sie war) besser war als Woody Allen es in seinem ganzen Leben gewesen ist. Schauen Sie sich Woody, der Unglücksrabe an. Viel besser als Dieter Hallervorden war Woody Allen in seinen Anfängen nicht.

Aber ich kaufte damals seine Platten, ging in seine Filme und kaufte die Drehbücher, die der Diogenes Verlag irgendwann herausbrachte. Die hatten ja schon Loriot als Autor (und ihr Cheflektor heiratete eines Tages eine Tochter von Vicco von Bülow). Aber die Drehbücher wurden nicht in der Spaßvogel-Kategorie der Pirole verkauft, sie erweckten durch ihre Aufmachung schon den Eindruck: das ist Kunst. Und wer sich da nicht alles als Übersetzer hervortat! Hellmuth Karasek, Willi Winkler, Eckhard Henscheid.

Woody hatte inzwischen das Repertoire gewechselt. Nachdem er sich jahrelang bei Hugh Hefner eingeschleimt hatte, und der Playboy auch gerne über seine frühen Filme wie Everything You Always Wanted to Know About Sex, But Were Afraid to Ask berichtet hatte und ihm Raum für eins dieser berühmten Playboy-Interviews gab, wollte er jetzt nicht mehr ordinär sein, sondern ein richtiger auteur Filmer werden. Er hatte eine schwere Ingmar Bergman Phase (später eine schwere Fellini Phase und eine leichte Tschechow Phase) und wurde mit seinen Filmen der Ingmar Bergman für Arme. Aber obgleich die westdeutsche Filmkritik das alles begeistert aufnahm, entfremdeten Woody und ich uns immer mehr. Und mittlerweile sind all die Filmdrehbücher und die Bücher über Woody Allen bei mir in die zweite Reihe des Regals gewandert. Und das nicht nur aus Platzgründen.

Dass ich für einen Woody Allen Film ins Kino gegangen bin, war zum letzten Mal bei Broadway Danny Rose der Fall. Vorher noch bei Stardust Memories, aber das war nur wegen Charlotte Rampling. Broadway Danny Rose war witzig. Wegen Nick Apollo Forte und Mia Farrow. Ich habe sogar eine Nick Apollo Forte LP, herrlich schräg. Gestern Abend habe ich in Match Point auf 3Sat hineingeschaut. Was sollte das? Jeder zweitklassige Fernsehregisseur hätte das drehen können. Bei ➱Inspector Barnaby kommt mehr an englischem Lokalkolorit rüber. Und das soll einer seiner besseren neuen Filme sein? Da möchte ich ja nicht die schlechten sehen. Und dann habe ich mit meiner Fernbedienung das Todesurteil über diese Art von Filmkunst gesprochen und auf Two and a Half Men auf Pro 7 umgeschaltet. Die Filmkritikerin, die 2005 sagte: Hailed as Woody Allen's best film in a decade — which sets a very low bar — and as a new direction in his work — which appears to boil down to the fact that it's set in London instead of New York — this thin chronicle of bad behavior among the rich and self-obsessed is painfully derivative, borrowing wholesale from Theodore Dreiser's An American Tragedy and echoing Allen's own Crimes and Misdemeanors (1989) hat meine volle Zustimmung. Und das war nicht irgendjemand aus der Provinz, das war Maitland McDonagh.

Ich bin offensichtlich nicht ganz allein. Ich habe Maitland McDonagh auf meiner Seite und die Los Angeles Times. Die schrieb da letztens etwas von the notorious and formerly funny movie director Woody Allen und brachte auch noch in einem Nachsatz dieses nette the one-time-father-now-husband-of-his-daughter an. Diese etwas unappetitliche Sache wird ihm im sittenstrengen Amerika immer wieder vorgehalten werden. Ist sein Verhältnis zu seiner neuen Lieblingsschauspielerin Scarlett Johannson ganz koscher? Die hatte er ja bei den Dreharbeiten von Match Point als a sexually overwhelming, beautiful young woman bezeichnet. Sie war damals so alt wie seine Adoptivtochter Soon-Yi, als er die Nacktphotos von ihr machte. Die Richterin in seinem Scheidungsprozess bezeichnete die Affäre damals als grossly inappropriate.

Aber lassen wir dies einmal beiseite. Die generelle Tendenz der Kritiker geht dahin, Annie Hall (Der Stadtneurotiker), Manhattan und Interiors als den Höhepunkt von Woody Allens Werk anzusehen. Und das ist er wahrscheinlich auch, es gibt keinen Regisseur, der 40 Jahre lang jedes Jahr einen guten Film dreht. Aber angesichts dieses Olymps der Filmkunst möchte ich eine Filmkritik ins Gedächtnis rufen, die Joan Didion 1979 im New York Review of Books (zweifellos einem Olymp der Kritik) schrieb.

Ich will gerne zugeben, dass ich Joan Didion liebe, auch wenn sie diese Rezension nicht geschrieben hätte. Und ich hatte auch jahrzehntelang ein Abo vom NYRB, denn den liebte ich auch. Ich bin aber auch dreißig Jahre später noch der Meinung, dass das, was Didion damals sagte, sehr scharfsinnig gewesen ist. Woody Allen, der heute fünfundsiebzig wird, hat in diesem Jahr in Paris den Kritikern gedroht, dass, wenn sie seinen neuesten Film nicht gut fänden, einen weiteren drehen würde. Und wenn sie den nicht mögen würden, er Selbstmord begehen würde. Mit solchen Dingen scherzt man nicht, Woody!

P.S. Ein Freund schickte mir als Kommentar zu Woodys Elchgeschichte diesen Cartoon, den ich gerne hierher stelle:













Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen