Montag, 21. März 2011

Frühlingsanfang


Frühlingsanfang. Da fällt uns allen doch sofort Eduard Mörikes Er ist's ein:

Frühling läßt sein blaues Band
Wieder flattern durch die Lüfte;
Süße, wohlbekannte Düfte
Streifen ahnungsvoll das Land.
Veilchen träumen schon,
Wollen balde kommen.
Horch, von fern ein leiser Harfenton!
Frühling, ja Du bist 's!
Dich hab’ ich vernommen!

Zuerst wollte ich ja über James Thomsons Spring schreiben, aber dann fiel mir ein, dass ich im letzten Jahr ➱hier schon über ihn schrieb. Und so kam ich auf den Hamburger Barthold Heinrich Brockes, der die Aus dem Englischen übersetzte Jahreszeiten des Herrn Thomson im Jahre 1744 herausgebracht hat. Und dachte mir, dass sein schönes Gedicht Kirsch-Blühte bey der Nacht es eigentlich verdient hätte, wieder einmal gelesen zu werden. Brockes ist, ebenso wie Thomson, ein genauer Beobachter der Natur. Er gebraucht keine abgegriffenen topoi, strapaziert nicht das Inventar der Anakreontik, er schaut genau hin. Nichts ist mir zu klein, und ich lieb es trotzdem, hat Arno Schmidt, Rilke zitierend, über Brockes geschrieben.

Wenn es uns heute etwas befremdlich erscheint, dass für den Dichter jede Regung im Mikrokosmos der Natur zu einem emphatischen Gottesbeweis wird, steht Brockes doch am Anfang des deutschen Naturgedichts. An deren Ende ➱Wilhelm Lehmann aus Eckernförde steht. Großes im Kleinen zu sehen, den Norddeutschen bleibt nichts anderes übrig. Sie haben keine Alpen, über die sie wie Albrecht von Haller schreiben können. Seien wir dankbar für dieses Nichts ist mir zu klein.

Kirsch-Blühte bey der Nacht

Ich sahe mit betrachtendem Gemüte
Jüngst einen Kirsch-Baum, welcher blüh'te,
In küler Nacht beym Monden-Schein;

Ich glaubt', es könne nichts von gröss'rer Weisse seyn.
Es schien, ob wär' ein Schnee gefallen.
Ein jeder, auch der klein'ste Ast
Trug gleichsam eine rechte Last
Von zierlich-weissen runden Ballen.
Es ist kein Schwan so weiß, da nemlich jedes Blat,
Indem daselbst des Mondes sanftes Licht
Selbst durch die zarten Blätter bricht,
So gar den Schatten weiß und sonder Schwärze hat.
Unmöglich, dacht' ich, kann auf Erden
Was weissers ausgefunden werden.

Indem ich nun bald hin bald her
Im Schatten dieses Baumes gehe:
Sah' ich von ungefehr
Durch alle Bluhmen in die Höhe
Und ward noch einen weissern Schein,
Der tausend mal so weiß, der tausend mal so klar,
Fast halb darob erstaunt, gewahr.
Der Blühte Schnee schien schwarz zu seyn
Bey diesem weissen Glanz. Es fiel mir ins Gesicht
Von einem hellen Stern ein weisses Licht,
Das mir recht in die Sele stral'te.
Wie sehr ich mich an Gott im Irdischen ergetze,
Dacht' ich, hat Er dennoch weit grös're Schätze.
Die gröste Schönheit dieser Erden
Kann mit der himmlischen doch nicht verglichen werden.

Und da wollen wir heute mal nicht an Rachel Carsons Silent Spring denken.

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