Die amerikanische Schauspielerin Ann-Margret wird heute achtzig, ich erwähne das nur, um zu zeigen, das ich weiß, wer sie ist. Denn vor zehn Jahren hat sie mit Ann-Margret hier schon einen Geburtstagspost bekommen. In dem auch das Photo zu sehen ist, wo sie ohne Höschen in Vietnam auftritt. Ich brauche für den Post, der Kohlenpott heißt, aber heute ein ganz anderes Geburtstagskind. Nämlich den Franzosen Yves Klein, der hat auch schon einen Post. Der Künstler, den man auch Yves le monochrome nannte, ist berühmt geworden, weil er (immer elegant im dunklen Anzug) nackte Frauen blau bemalt hat. Das Ultramarinblau hatte er sich als International Klein Blue (IKB) patentieren lassen. Ich weiß nicht, ob sie sich in Gelsenkirchen heute noch an ihn erinnern. Sollten sie aber, denn Spuren seiner Arbeit sind hier immer noch zu sehen.
Denn 1958, da hat er das Gelsenkirchener Musiktheater blau ausgemalt. War zuerst ein Gelsenkirchener Skandal, ist aber heute vielleicht der schönste Platz von Gelsenkirchen. 1958 war auch das Jahr, in dem Schalke 04 zum letzten Mal deutscher Meister wurde. Vielleicht hätten sie in diesem Jahr statt ihrer königsblauen Trikots mal Trikots in dem ultramarinblauen Yves Klein Blau tragen sollen, dann wären sie vielleicht nicht abgestiegen.À la garçonne den Nacken ausrasiert,
Ein Lachen auf gefärbten Lippen,
Wie es der Gleichmut nur gebiert;
So wirst du sie in Warenhäusern
Seh’n Tag für Tag mit bleichem Angesicht,
Wo sie an grauen Ladentischen
Am kargen Unterhalt erfüllen ihre Pflicht.
Und ist nur selten unter ihnen
Eine, die, wenn der Läden Tor sich schließt,
Der Sonne letzte gold’ne Strahlen
Drauß’ irgendwo in Wald und Feld genießt.
Die andern all’ gar bald verschwinden
In Kaffeehäusern, um in Tabakrauch
Des Tages Mühen zu vergessen
Und, die sie stets betrog, die Jugend auch.
Und später dann, wenn der Laternen
Fahlgelbes Licht die Finsternis durchdringt,
Siehst du sie geh’n mit irgend einem,
Der sie um süßen Lohn nach Hause bringt.
In gleichem Tun entschwindet ihnen
So Tag um Tag ein Stück vom Jugendland,
Bis sie, an Leib und Seele krankend,
Das Schicksal in das Joch der Ehe spannt.
Ich habe noch ein zweites Gedicht, Platzanweiserinnen im Kino, 1931 in dem Band Bruder, die Sirenen schrein erschienen. Das habe ich ausgewählt, weil ich dann noch einen kleinen Ausschnitt von Edward Hoppers Platzanweiserin in einem New Yorker Kino zeigen kann. Wenn Sie dann noch mehr von Erich Grisar lesen wollen, dann kann ich Ihnen auch das hier anbieten: die Nyland Stiftung hat 2012 das ganze Erich Grisar Lesebuch ins Netz gestellt.
Platzanweiserinnen im Kino
Mit kleinen Lampen, die wie Sterne
aufflammen, tasten sie sich durch den Raum
und führen jene, die nach einem Traum,
nach wilder Jagd und fremder Ferne,
nach großem Schicksal sich verzehren,
zu ihrem Platz und lassen sie allein,
indessen sie das flinke Bein
schon wenden, um zurückzukehren
zur Tür, von wo den nächsten sie geleiten
durch diesen Raum, der ihnen wie ein Bergwerk ist,
so dumpf und dunkel, daß man schnell vergißt,
daß Herzen sind, die von den Zärtlichkeiten
der weißen Wand gepackt, wie Purpur glühen.
Für sie ist das nur eine Wand,
mit totem Leinen überspannt;
mag auch der Lotos auf der Leinwand blühen
und fernster Himmel ihren Händen
ganz nahe sein, sie wünschen nur,
daß sie von ihrer Jugend eine Spur
und über sich den echten Himmel fänden.
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