Donnerstag, 13. März 2025

Manschetten


In dem Film Sway aus der Serie Endeavour findet der Detektiv Endeavour Morse am Tatort einen silbernen Manschettenknopf mit dem Buchstaben Alpha. Wenn er noch den zweiten mit dem Omega findet, hat er den Mörder. Glaubt er, aber das ist ein red herring, der Manschettenknopf wurde dort nachträglich plaziert. Er befragt den Kaufhauserben Allan Burridge (Joe Bannister), aus dessen Haus die seidenen Strümpfe stammen, mit denen drei Frauen ermordet wurden. Burridge, in einem eleganten Covert Coat, zeigt ihm seinen Hemdsärmel, keine Manschettenknöpfe, nur ein Knopf. Cuff links are old hat. Not to mention liable to fall out, sagt er. Wir sind im November 1966, Manschettenknöpfe haben offenbar ausgedient.

Auf jeden Fall in dieser Fernsehserie. Nicht bei mir, ich trug 1966 noch Hemden mit Doppelmanschetten. Also dem, was der Engländer French Cuff nennt. Aber nur zu Anzügen, zu Sportjacken, Tweed oder Cord, passen keine Manschettenknöpfe. Das steht in diesem Blog schon 2010 in dem Post Oberhemden. Seit ich nicht mehr in der Uni bin, trage ich selten Anzüge. Zu Anzügen habe ich immer Hemden mit Doppelmanschetten getragen, das gehört sich so. Es geht viel verloren in dem, was man so schön Kleidungskultur nennt. Neuerdings reicht ein weißes T Shirt unter dem Jackett, das sieht man im TV immer wieder. Als ich letztens ein Hemd mit einer Doppelmanschette trug, musste ich die Manschettenknöpfe erst suchen, weil ich sie gut weggeräumt hatte. Fand dann aber den kleinen Karton mit den Knöpfen, ich nahm die schlichten goldenen. Die hatte meine Mutter mal meinem Vater geschenkt. Er hat sie nie getragen, il ne faut jamais rien outrer. So wie bei diesem Herrn aus dem 17. Jahrhundert hat es mit den Manschetten angefangen, einem Wort, das wir aus dem Französischen haben. Da heißt manchette Ärmelchen.

Mr Burridge trägt in Sway eine Manschette mit einem Knopf. Englische Hemdenhersteller (sogar Charles Tyrwhitt) bieten heute bevorzugt Manschetten mit zwei Knöpfen an, das sieht eleganter aus als die Einknopfmanschette. Und dann gibt es noch die sogenannte Wiener Manschette, die auch Kombimanchette heißt. Das ist eine einfache (nicht doppelte) Manschette, die geknöpft oder mit Manschettenknöpfen getragen werden kann, weil sie zwei Knopflöcher hat. Es ist ein Typ der Manschette, den man vermeiden sollte, ist nichts Halbes und nichts Ganzes.

Etwas ganz Besonderes ist dagegen diese Manschette, die zuerst hier 2010 in dem Post Secret Agents auftauchte. Als Michael Fish, dem England die →Peacock Revolution verdankt, noch bei Turnbull &Asser war, hat er für Sean Connery die Hemden mit diesen rattenscharfen Manschetten geschneidert. Man nennt diese Manschette allgemein Cocktail Cuff, sie hat aber noch viele andere Namen. T&A hat solche Hemden noch im Programm, in Deutschland wird man die kaum finden. 

Die Firma hatte in den siebziger Jahren (also damals, als ich Turnbull & Asser trug) als signature cuff drei Knöpfe an der Knopfmanschette. Das fand ich damals scharf: It’s just another little detail – like the fact that all of our ready-to-wear shirts come with either double, cocktail or three-button cuffs – that have been signature styles for more than a half a century. A three-button cuff may sound excessive, but it allows the wearing of a bigger watch, for example, and will probably be around long after the fashion for big watches has gone. It’s those details that make wearing a Turnbull & Asser shirt like being in a club. We wouldn’t put a logo on our shirts but people who wear our shirts know each other from those little touches.

Die Manschettenknöpfe sollen am Hof Ludwig des Vierzehntens zuerst aufgetaucht sein. Da waren die boutons de manchettes schmuckverzierte Knöpfe, die von einer kleinen Kette aus Edelmetall gehalten wurden. In dem Augenblick, in dem man die Manschetten eines Hemdes zeigt, wird es zu einem Kleidungsstück. Vorher waren Hemden nur Unterwäsche. Manschettenknöpfe, wie wir sie heute kennen, kamen in der Mitte des 19. Jahrhunderts in England auf. Weil die Manschetten der viktorianischen Leinenhemden derart gestärkt waren, dass man da keinen Knopf mehr hätte dran nähen können. Zuerst waren die Manschetten noch nicht am Hemd. Es waren kleine separate Röllchen, die man über den Ärmelabschluß stülpte oder an das wristband des Hemdes knöpfte. Man konnte jeden Tag ein neues Röllchen überstülpen und damit vorgaukeln, man träge eine neues frisches weißes Hemd. Denn das weiße Hemd, das tägliches Waschen voraussetzt, ist das ultimative Modestück in dem schmutzigen viktorianischen Zeitalter. Über diese Leinenröllchen heißt es bei Claudia Wiesniewski in ihrem Kleinen Wörterbuch des Kostüms und der Mode: Von eleganten Herren ungern getragen, dennoch weit verbreitet. Erst seit 1871 die Firma Brown, Davis & Co. ein Patent für ihre Hemden bekommt, haben die englischen Hemden Knöpfe an der Vorderseite. Vorher zog man sie wie ein Nachthemd über den Kopf.  

Die Bezeichnung French Cuff für die Doppelmanschette (die manchmal auch Klapp- oder Umschlagmanschette heißt) kommt wahrscheinlich aus Amerika. Webster's Wörterbuch kennt die Bezeichnung seit 1916. Und das ist auch ungefähr die Zeit, in der die Doppelmanschette en masse in die Herrenmode kommt. Erfunden haben diese Manschette wohl die shirt makers der Jermyn Street. Angeblich hatten die ersten Doppelmanschetten zwei Knopflöcher mehr, damit man das Hemd einen zweiten Tag tragen konnte, wenn die untere Manschettenkante schmutzig geworden war. Dann wanderten die Manschettenknöpfe in die tiefer liegenden Knopflöcher.

Manschettenknöpfe gibt es zuhauf, bei ebay ab einem Euro. Bei Longmire in London oder Boucheron in Paris sind sie teurer. Man findet bei ebay auch sehr preiswert Donald Trump Manschettenknöpfe, falls man so etwas braucht. Rolex Manschettenknöpfe gibt es auch. Ich habe eine Schachtel voll mit alten Manschettenknöpfen, ein Paar von meinem Opa sind da auch noch drin. Meinem Freund Georg, der uns allen Cricket beigebracht hat, habe ich mal ein Paar geschenkt, das wie kleine Cricketbälle aussieht. Ich selbst besitze noch ein Paar Manschettenknöpfe, die noch ausgefallener sind als die Cricketbälle. Es sind kleine Uhrwerke, ein Geburtstagsgeschenk vom Barni.

In dem Endeavour Film Sway (der im Deutschen Dunkle Mächte heißt) gibt es einen Song namens Sway von Dean Martin, den ich hier natürlich auch für Sie habe. I can hear the sounds of violins Long before it begins Make me thrill as only you know how Sway me smooth, sway me now. Und dann habe ich hier noch eine Seite, auf jemand namens Chris Sullivan alles zusammengetragen hat, was irgendwie mit diesem Film zusammenhängt. Als ich letztens eine Woche kein Fernsehen hatte und mir die ganze Woche die besten englischen Krimis auf DVD anguckte, habe ich natürlich auf die kleinen Details der Herrenmode geachtet. Und immer wieder gestaunt, welchen Aufwand die Kostümabteilung bei der Produktion der Englischen Krimiserien betrieben haben. Leider ist der Film Sway nicht im Internet. Aber wenn Sie einmal einen wirklich guten Krimi mit dem Chief Inspector Morse und seinem Sergeant Lewis sehen wollen, dann klicken Sie hier Death Is Now My Neighbour aus dem Jahre 1987 an.


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