Können wir die Klappe da mal aufmachen? fragte der Mann. Ich sagte: Besser nicht. - Warum soll ich die nicht aufmachen? - Weil Sie dann ganz weiß sein werden, sagte ich, darunter ist die Feuerlöschanlage des Panzers, die reagiert sofort, wenn man an der Klappe rumfummelt. Ich fügte noch ein très dangereux hinzu. Er sprach eigentlich gut Deutsch, aber das très dangereux gab den Ausschlag. Der Mann ließ die Klappe zu. Er war vom Zoll und kontrollierte unsere Panzer, bevor wir sie auf die Eisenbahnwaggons verluden. Es war kalt, es hatte hier oben in achthundert Meter Höhe gerade angefangen zu schneien. Wir waren auf dem Truppenübungsplatz La Courtine im französischen Zentralmassiv (darüber können Sie ⇾hier mehr lesen). Für die Dauer des Manövers waren wir Zollausland gewesen, jetzt waren wir auf dem Weg nach Deutschland. Und deshalb kontrollierte uns der Mann vom Zoll. Die 150.000 Kilo Munition und 570.000 Liter Treibstoff, die wir mitgebracht hatten, waren verbraucht. Ich musste einen Packen Dokumente unterschreiben, auf denen stand, dass wir keine zollpflichtigen Waren mit uns führten. Das tat ich ohne zu zögern. Überreichte dem Zollbeamten die Dokumente und sagte: Monsieur. Er führte die Hand an die Mütze und sagte: Merci. Und Bon voyage. Wahrscheinlich wusste er genau wie ich, dass unsere Panzer voller Schmuggelware waren.
Man hätte die Klappe hinten im Panzer öffnen können, die Feuerlöschanlage wäre nicht in Aktion getreten. Dazu hätte man noch innen auf einen dicken Knopf drücken müssen. Hätten wir die Klappe geöffnet, dann hätte der französische Zollbeamte eine schön verpackte Flasche Cognac gefunden: Cognac Napoléon. Die hatte ich zollfrei erstanden, ich wollte sie meinen Eltern mitbringen, die mich länger als ein Vierteljahr nicht gesehen hatten. Bei uns zuhause stand immer eine Flasche Hennessy. Genau genommen gab es zwei Flaschen Hennessy im Haus. Eine hielt mein Vater verschlossen, die war für die Gäste. Aus der offen im Wohnzimmer herumstehenden Flasche bediente sich unsere Putzfrau, meine Mutter füllte die immer mit Wasser nach. Ich verstehe nichts von Cognacs, aber ich dachte mir damals, dass ein Cognac der Napoléon heißt, nicht schlecht sein könnte. Ich weiß nicht, wie gut er wirklich war.
Heute vor zweihundert Jahren ist Napoleon auf St Helena gestorben, ich bin mir nicht sicher, ob das ein Tag zum Feiern ist. Die Firma Montblanc hat einen Füllfederhalter mit dem Namen Napoleon Bonaparte herausgebracht, kostet 2.900 Euro. Braucht man so etwas? Napoleon war niemals mein Held, ich gehörte niemals zu seinen Bewunderern. William Hazlitt und Heinrich Heine haben ihn bewundert, ich weiß nicht so recht weshalb. Ich will gerne gestehen, daß mir in meinem Leben nichts Höheres und Erfreulicheres begegnen konnte, als vor dem französischen Kaiser und zwar auf eine solche Weise zu stehen, hat Goethe an seinen Verleger Cotta geschrieben, nachdem er Napoleon gesehen hatte. Schon Goethes Zeitgenossen haben darüber den Kopf geschüttelt.
Die geschmuggelte Flasche Cognac Napoléon bleibt heute das einzige, das ich zum Thema Napoleon zu sagen habe. Aber ich habe mir die Mühe gemacht, alles aus meinem Blog herauszusuchen, was mit Napoleon zu tun hat. Von den Schweizergarden, die an der Beresina das ✺Beresinalied singen, bis zu dem pechschwarzen Schiff, mit dem sein Leichnam von St Helena abgeholt wird. Wenn ich all die Posts zu Napoleon zusammenkleben würde, dann hätte ich schon ein Napoleon Buch fertig. Das wäre wahrscheinlich besser als die Studienarbeit von Maxi Mustermann, die bei ebay für 2,01€ angeboten wird. Mein Lieblingsbuch bleibt Napoleon and His Marshals von A.G. Macdonell. Wenn Sie Napoleon in aller Kürze kennenlernen wollen, dann geht nichts über das kleine Buch von Karin Schneider-Ferber, das bei Könemann im Jahre 2000 in der Reihe minigeschichtsführer erschienen war, 95 Seiten, mehr als 150 Abbildungen. Kann man antiquarisch noch finden.
Wenn Sie in der nächsten Woche nichts zu tun haben, dann lesen Sie hier die Posts: Vor dem Sturm, Beresina, Beresina 1812, Ney, Caulaincourt, Sir Archibald Alison, Der Robespierre von Hamburg, Waterloo, Waterloo, La Belle-Alliance, Elba, Briefe, Thomas Laurences Blücher, 18. Oktober 1813, The rockets' red glare: Leipzig 1813, Die Brücke von Arcole, Regenschirme, Ney, Captain Gronow, Stendhal, Luxuskutschen, John Keegan, Sigrid Combüchen, Laon 1814, St Helena, Apotheose, Joachim Murat, Jean-Baptiste Klébert, Sir Sidney Smith, Fenstersturz, Marschälle, Kutusow, Invasion, Finckenstein, Heeresreform, Tettenborn, Bennigsen, Bourrienne, Lord Byron, A.G. Macdonell, Krieg und Frieden, William Hazlitt, Vaterländisches Gedicht, Henri Beyle, Invasion, schönes Huhn, Haiti
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