Samstag, 11. Dezember 2021

Bon anniversaire, Jean-Louis

Bon anniversaire, Jean-Louis! Er wird heute einundneunzig, da darf ein kleiner Geburtstagsgruß nicht fehlen. Ich war 2010 eine Woche im Netz, da war er hier zum erstenmal in diesem Blog. Mit dem Post Ma Nuit Chez Maud. Zu seinem achtzigsten Geburtstag gab es hier den Post Jean-Louis Trintignant. Er wird immer wieder erwähnt, wenn vom französischen Kino die Rede ist. Vor Wochen gab es bei arte die Doku Trintignant über Trintignant, falls Sie die verpasst haben sollten, können sie die heute hier sehen.

Ich gratuliere mit dem Gedicht Les Feuilles Mortes von Jacques Prévert. Das natürlich alle französischen Chansonniers gesungen haben, inzwischen ist die Melodie ja auch schon zu einem Jazz Standard geworden:

Oh! je voudrais tant que tu te souviennes
des jours heureux où nous étions amis.
En ce temps-là la vie était plus belle
et le soleil plus brulant qu'aujourd'hui.

Les feuilles mortes se ramassent à la pelle.

Tu vois, je n'ai pas oublié...
Les feuilles mortes se ramassent à la pelle
les souvenirs et les regrets aussi.

Et le vent du Nord les emporte 
dans la nuit froide de l'oubli.
Tu vois, je n'ai pas oublié 
la chanson que tu me chantais.

C'est une chanson qui nous ressemble.
Toi tu m'aimais et je t'aimais.
Nous vivions tous les deux ensemble
toi qui m'aimais moi qui t'aimais.

Mais la vie sépare
 ceux qui s'aiment
tout doucement sans faire de bruit.
Et la mer efface sur le sable
les pas des amants désunis.

Sie könnten jetzt dazu Juliette Gréco auflegen oder Yves Montand. Ich hatte in den fünfziger Jahren diese schwere Existentialisten Phase. Da habe ich Jacques Prévert entdeckt. Zuerst in der Rowohlt Ausgabe aus dem Jahre 1950, übersetzt von Kurt Kusenberg. Später kamen noch alle möglichen französischen Ausgaben dazu. Ich erzähle das nur, weil Jean-Louis Trintignant auch in seiner Jugend Prévert für sich entdeckt hat. Den las er auf seiner Tournee vor zehn Jahren immer wieder vor, begleitet von Daniel Mille. Seit Mille und er sich getroffen haben, arbeiten sie bei diesen Dichterlesungen zusammen, die eher kleine Gesamtkunstwerke sind - zusammen. Warum spielt Daniel Mille nicht mal Les Feuilles Mortes auf der Quetschkommode und zwingt Jean-Louis zu singen? Wäre bestimmt nicht schlecht. 

Die Liebe zur Lyrik hat ihn nie losgelassen, und er hat in den letzten Jahren, wo ihn das Kino nicht mehr so interessiert, viel Lyrik vorgelesen. Seine Apollinaire Nacht in Avignon 2003 soll ein großes Ereignis gewesen sein. Die Gabi hatte mir eine Raubkopie geschickt, bei der handschriftlich nur Trintignant auf der Papierhülle steht. Mehr nicht. Aber es ist seine flüsternd raunende Stimme, begleitet von geheimnisvoller Musik von Daniel Mille (und Erik Satie), 79 Minuten lang. Wenn Sie keine Freundin in Luxembourg haben, die Ihnen so etwas raubkopiert, dann sollten Sie sich die CD von dieser Veranstaltung kaufen. Ist auch wahnsinnig beruhigend, selbst wenn Sie kein Französisch können. Ungefähr so wie die Platte mit dem Gesang der Buckelwale.

Er war mit achtzig immer wieder auf der Bühne: Je devrais m'arrêter, mais je ne veux pas. Les moments les plus heureux de ma vie, c'est quand je travaille, quand je fais du théâtre. Theater oder Lesungen von Gedichten, das musste sein. Es gibt zahlreiche Videoclips im Netz, wenn Sie diesen aus dem Jahre 2010 anschauen, werden Sie sehen, dass er trotz seines Alters noch erstaunlich lebendig war. Aber wenn man auf den Brettern, die angeblich die Welt bedeuten, angefangen hat, dann lässt einen diese Welt wohl nicht mehr los. Obgleich er gesagt hat: Comédien, c'est un métier de flemmard. Nach dem schrecklichen Tod seiner Tochter Marie (Ich vermisse sie jede Minute meines Lebens) ist er einige Zeit nicht aufgetreten, aber dann war er doch wieder da. 

Und wenn man sich anschaut, was er in den letzten Jahren so gemacht hat, dann scheint ihm das alles wieder Spaß gemacht zu haben. Er wollte keine Filme mehr machen, spielte dann aber die Hauptrolle in dem Film Liebe von Michael Haneke. Über das Alter und die Liebe. Und der Film Liebe war noch nicht der letzte Film, dann kam 2017 noch Happy End mit Isabelle Huppert. Da wusste er noch nicht, dass Claude Lelouch, dem er seinen Starstatus verdankte, wieder bei ihm anklopfen würde, weil er mit ihm und Anouk Aimée Die schönsten Jahre eines Lebens drehen wollte.

Man kann auf dem Photo hier sehen, dass Trintignant nicht sehr groß ist, bestenfalls (wie es zu lesen ist) ein Meter siebzig, eher etwas weniger. Und er hat diese Art, seine Schultern hochzuziehen, wodurch er noch kleiner wirkt. Unsichere Menschen machen das, als ob sie sich in sich selbst verstecken wollen. Um seine Schüchternheit und Unsicherheit zu überwinden, ist er zum Theater gegangen. 

Er ist da nicht der einzige. Die Bühne und die Scheinwerfer scheinen eine therapeutische Funktion zu haben. Ich bringe diese Plattitüden mit Aplomb, weil ich mich da ein wenig auskenne. Ich habe einmal ein Jahr lang die Theater AG eines Gymnasiums geleitet, da sind lauter kleine Neurotiker auf der Bühne. Und kleine Zicken, die sich einbilden, Marilyn Monroe zu sein. Und deren Müttern niemand den Noel Coward Titel Don't put your daughter on the stage, Mrs. Worthington empfohlen hat. Ich hatte in dem Ensemble einen Schüler, der im normalen Leben stotterte. Immer. Aber wenn er auf der Bühne im Lichtkreis des Scheinwerfers stand, dann konnte der lange Monologe sprechen, ohne ein einziges Verhaspeln. Faszinierend. Man wird das, wovor man sich fürchtet, hat Michael Caine einmal gesagt, als man ihn fragte, warum er Schauspieler geworden sei.

Ich wollte nie auf die Bühne, ich war zwar in der Theater AG meines Gymnasiums, die damals noch Laienspielschar hieß, aber ich hatte da als Bühnenbildner angeheuert, weil ich ein zweiter Wilfried Minks werden wollte. Stieg dann auf zum Regieassistenten und wurde Mädchen für alles, Kostüme, Souffleur und understudy für kleine Rollen. Mich faszinierte Theater, aber ich wollte nie wirklich auf die Bühne. Aber ich wollte wie Jean-Louis Trintignant sein, ich habe sogar ein Autogramm von ihm. Als ich noch jung war, hatte ich eine gewisse Ähnlichkeit mit ihm. Sagten mir die Frauen, die mich mochten. Ich wußte damals nicht, dass er kleiner war als ich. Das kaschiert der Film ja immer sehr schön. Was haben sie nicht alles angestellt in Hollywood, um Zwerge wie Alan Ladd und Humphrey Bogart groß aussehen zu lassen. Ich hatte mir damals auch angewöhnt, die Schultern hochzuziehen wie Trintignant, das scheue Lächeln hatte ich auch schon drauf. Das wurde aber in meiner Familie überhaupt nicht gewürdigt. Halt Dich gerade, sonst kriegst Du einen Buckel, war die einzige Reaktion.

In einem seiner ersten Filme, der ... und immer lockt das Weib (Et dieu créa la femme) hieß, konnte man das mit der Körpergröße manchmal sehen, weil da Curd Jürgens mitspielte, den Brigitte Bardot angeblich einen normannischen Kleiderschrank genannt hat. Ich durfte da rein, weil die FSK den Film ab 12 Jahren freigegeben hatte. Obgleich er, wie sein dramatischer Titel (offensichtlich und ewig singen die Wälder nachempfunden) schon andeutete, für die damalige Zeit ganz verworfen war.

Nach diesem Film verschwand Trintignant erst einmal von der Bildfläche. Er hat den Medienrummel um seine Affäre mit BB nicht so recht verkraftet, und ist erst einmal zur Armee gegangen, er hat keine Wahl, es gibt eine Wehrpflicht in Frankreich. Die Militärzeit von neunundzwanzig Monaten ist für ihn ein Alptraum: A ce moment-là je vivais avec une femme, Brigitte Bardot. J'étais très amoureux, je voulais la revoir tout le temps. Cela se savait. Les militaires, les sous-officiers me brimaient à cause de cela

Wenn er gehänselt und schikaniert wird, wenn ihn sein Sergeant dreimal zum Friseur schickt, weil er die Haare des Schauspielers zu lang findet, er kann sich nicht wirklich beklagen. Er muss nicht nach Algerien, wo Frankreich Krieg führt. Er ist zuerst in Trier stationiert, wo ihn BB für eine Liebesnacht besucht. Die Franzosen haben in dieser Ecke Deutschlands noch viele Truppen. François Truffaut war in Wittlich, wurde aber nach seiner Desertion unehrenhaft entlassen. Das Photo hier zeigt den jungen Truffaut 1951 im Militärgefängnis, ein bisschen von dieser Zeit schreibt er in seinen Film Baisers volés hineinTrintignant dachte auch einmal an Desertion, aber dann wurde er Sanitätssoldat in der Kaserne Dupleix in Paris. Es gibt Schlimmeres. Und ja, er bekommt manchmal Urlaub, um Brischid zu sehen. Aber die Sache geht zuende, er lernt Nadine Marquand kennen, die er 1960 heiratet.

Er war kein Rennfahrer, wie man manchmal lesen kann. Zwar wollte er gern Rennfahrer werden wie sein Onkel Maurice, den er sehr bewunderte, aber seine Familie (wohlhabende französische Bourgeoisie) war dagegen. Dennoch, er ist einige Autorennen gefahren, 1980 das 24-Stunden-Rennen von Le Mans (mit einem Porsche 935) oder das 24-Stunden-Rennen von Spa-Francorchamps, wo er mit einem BMW 530i den 7. Platz in der Gesamtwertung belegte

Als Rennfahrer mit dem Namen Jean-Louis Duroc kam er dann wieder auf die Leinwand. Zusammen mit Anouk Aimée und einem Ford Mustang in Un homme et une femme. Der autoverrückte Regisseur Claude Lelouch hat den Film gedreht. Es gibt noch einen viel schöneren Autofilm von dem. In dem zwar keine Scheibenwischer, plüschige Filmusik und Trintignant vorkommen, aber Paris am frühen Morgen. Klicken Sie ruhig mal auf den Namen der Stadt und steigen Sie zu Lelouch ins Auto. Dann können Sie mit dem Regisseur einmal frühmorgens durch Paris fahren. Den Führerschein musste Lelouch hinterher allerdings abgeben. Er hat ihn inzwischen wieder, wie Sie in diesem making of sehen können, wo er die Strecke noch einmal fährt. Diesmal hält er sich (beinahe) an alle Verkehrsregeln.

Un Homme et Une Femme war in sich perfekt. Kitsch, aber perfekter Kitsch, das macht den Franzosen keiner nach. Die Kamera war aufregend, die Musik eingängig. Und hinterher wollte jeder mit dem Auto am Strand fahren. War einfach schön. Ich war wegen des Films so häufig im Kino, dass ich nicht weiß, ob ich ihn heute noch ertragen könnte. Den gleichzeitig entstandenen Film von La Peau Douce von Truffaut kann ich immer wieder sehen, der ist stiller, nicht so spektakulär. Trintignants nächster Film war auch spektakulär. Da spielte er den einsamen stummen Rächer in Il Grande Silenzio, einem Spaghettiwestern, der im Deutschen Leichen pflastern seinen Weg hieß. Lag hinterher tot im Schnee. Und wir alle saßen noch fünf Minuten stumm im Kino, weil wir dachten, der Filmvorführer hätte vergessen, die letzte Rolle einzulegen. Seit wann darf das Böse im Western siegen? Angeblich gibt es von dem Film auch eine Version mit happy ending, aber nicht an diesem Tag, nicht in diesem Kino.

Mit seinem nächsten Film versöhnte Trintignant all die kleinen Intellektuellen, die jetzt von der Nouvelle Vague berauscht waren. Es war wieder Winter, aber diesmal nicht in den Abruzzen (wo Il Grande Silenzio gedreht worden war) sondern im massif central. Und Trintignant spielte diesen schüchternen katholischen Ingenieur, der sich nicht zwischen zwei Frauen entscheiden kann. Französisches Sabbelkino, würde mein Freund Georg dazu sagen. Der Film hieß Ma Nuit Chez Maud, und Trintignant war genau so, wie wir ihn haben wollten. 

In drei Jahren so unterschiedliche Filme wie Un Homme et Une FemmeLes BichesIl Grande SilenzioZ und Ma Nuit Chez Maud, dieser Mann ließ sich in seinen Rollen nicht festlegen. Weshalb er in Robbe-Grillets Softporno Trans-Europ-Express mitspielte, weiß ich bis heute nicht. Trintignant nahm jede Herausforderung an. Na ja, nicht jede. Die Hauptrolle von Der letzte Tango von Paris, die Bertolucci ihm angeboten hatte, überließ er Marlon Brando. Ich habe das nicht getan, weil ich ein zu großes Schamgefühl habe. Das ist eine Frage der Erziehung, hat er später gesagt. Je suis comme je suis, hatte Prévert gedichtet, das passt auch zu ihm. Er ist einer der ganz Großen des französischen Kino. Und dabei immer still und vornehm, und immer noch schüchtern. Es ist inzwischen eine Art Markenzeichen geworden. Aber es wirkt immer noch.

Wenn wir mit Jean-Louis Trintignant in einem aufgemotzten Ford Mustang in Regen und Schnee fahren und die Scheibenwischer zur Filmmusik von Francis Lai tanzen, dann sind wir in diesem Film von Claude Lelouch. Und wir wissen, alles wird gut. Wenn wir ohne Trintignant in einem Film von Lelouch in einem Auto sitzen und morgens um halb sechs durch Paris brettern und keine rote Ampel beachten, dann gibt es auch keine plüschige Filmmusik. Dann gibt es als Soundtrack entweder einen Ferrarimotor oder Snow Patrols Open your eyes. Wenn wir aber mit Trintignant in einem völlig unspektakulären Renault R16 im Schnee durch die Auvergne fahren, da wo Hölderlin auf dem Weg nach Bordeaux im Winter 1802 zu Fuß gewandert war (und ich im Winter 1964 auch einmal war), und wenn wir uns garantiert nicht mehr an die Filmmusik erinnern können, dann sind wir in der Welt von Eric Rohmer.

Ma nuit chez Maud war 1969 bei Kritik und Publikum ein großer Erfolg. Das ist einigermaßen erstaunlich, denn es gibt wenige Filme, die so wenig Handlung haben und in denen so viel über Pascal diskutiert wird. Trintignant erhält in Cannes einen Preis, aber nicht für seine Rolle in dem Rohmer Film, sondern für seine Rolle in Costa-Gavras' Film Z. Trintignant spielt in Ma nuit chez Maud einen Ingenieur, der für die Firma Michelin in Clermont-Ferrand arbeitet. Er ist erst seit wenigen Monaten in Frankreich, vorher war er lange in Kanada und Südamerika, er kennt kaum jemanden in Clermont-Ferrand. Er trifft Weihnachten seinen alten Freund Vidal, einen überzeugten Marxisten, der jetzt Philosophieprofessor ist.

Und er sieht in der Christmette, wohin es ihn als überzeugten Katholiken zieht, die schöne blonde Françoise, gespielt von Marie-Christine Barrault. Vidal nimmt ihn zu einer alten Freundin namens Maud, gespielt von Françoise Fabian, mit. Dort verbringt unser schüchterner Junggeselle die Nacht, der R16 ist eingeschneit. Es gibt keinen Sex, man redet die ganze Nacht. Das wäre bei Lelouch definitiv anders gewesen. Am nächsten Morgen versucht sich Trintignant Françoise Fabian zu nähern, wenn sie aus der Dusche kommt, aber sie weist ihn ab: J'aime bien les gens qui savent ce qu'ils veulent. Trintignant begehrt sie, und wer hätte das im Publikum damals nicht getan? Aber er wird die Blondine heiraten. Am Ende des Filmes treffen sich alle zufällig fünf Jahre später einmal kurz am Strand eines Seebades. Das ist Deine Frau, ich hätte es wissen sollen, sagt sie. Ich habe nie über sie geredet, sagt Trintignant: Mais je ne vous ai jamais parlé d'elle. Und sie entgegnet Et comment! De votre fiancée blonde, catholique. J'ai bonne mémoire, vous savez. Frauen haben in solchen Fragen nicht nur ein gutes Gedächtnis, Frauen können auch jeden Subtext lesen, wenn eine Nacht im Schnee nur über Pascal und Moral geredet wird. Françoise Fabian spielt eine emanzipierte Frau, Trintignant ist letztlich ein nerd, auch wenn er einen wahnsinnig eleganten Flanellzweireiher mit engen Hosen trägt.

Der Film öffnet die Türen für noch längere filmische Diskussionen, wie in My dinner with Andre. Ein begehrenswerte dunkelhaarige Frau, eine kleine Blonde, bei der sich Trintignant sicher fühlt: Avec vous, je me sens très bien. Das ist die Kombination für Kolportageromane, Leslie A. Fiedler hatte wenig zuvor sein epochales Werk Love and Death in the American Novel geschrieben, in dem dieser Gegensatz immer wieder vorkommt. Aber Rohmer entgeht solchen trivialen Fallen, dieser Film ist eine seiner Moralischen Erzählungen. Obgleich man keine Moral mitnehmen kann, wenn das Licht im Kino wieder angeht. Die Kritiker in Cannes fühlten sich an Jean Renoirs La Règle du Jeu erinnert, sahen hier das Gegenteil zu den Filmen von Bresson oder verglichen Rohmer gar mit Flaubert

Alle lobten die Schauspielkunst von Trintignant und Fabian. Und alle mussten expressis verbis oder knurrend zwischen den Zeilen zugeben, dass hier ein Regisseur herangereift war, der ein ganz anderes Kino machte. Eigensinnig, immer seinen eigenen Weg gegangen ist. Den Flanellanzug von Trintignant fand ich damals toll. Françoise Fabian auch. Vom Film habe ich wenig verstanden. Bis mir mein Freund Peter das Drehbuch (L'Avant-Scène n°. 98) aus Paris mitbrachte, das habe ich gelesen und wieder gelesen. Dann habe ich Pascal gelesen. Ich weiß immer noch nicht, ob ich den Film verstehe. Ich habe viele Filme von Rohmer gesehen, und wenn ich auch vieles nicht verstehe und mich vieles auch nervt, dann muss man natürlich auch sagen, dass sich ein Rohmer Film meistens schon wegen der schönen Frauen lohnt. Denn das ist die Kunst des Kinos, hat sein Kollege Truffaut gesagt, Filme zu drehen, in denen schöne Frauen schöne Dinge tun.

Zum Beispiel in Truffauts Vivement Dimanche, diesem wunderbaren kleinen film noir Ableger, der der letzte Film von Truffaut war. Allerdings stiehlt ihm da Fanny Ardant ein wenig die Show, weil Trintignant sich wieder so zurücknimmt. Und sie sitzt auch noch am Steuer. Aber wir wollten ihn nie anders haben. Wenn er anders wäre, dann wäre er Rennfahrer geworden und müsste sich nicht von Fanny kutschieren lassen. Das ist aber noch besser, als wenn er neben Vittorio Gassman (in dem Film Verliebt in scharfe Kurven) mit einem Lancia Aurelia B24 tödlich verunglückt.

Meine Lieblingsfilme? Natürlich Un homme et une femme. Er war auch gut in Nebenrollen, als er noch nicht berühmt war, wie in Les Liaisons dangereuses und Mord im Fahrpreis inbegriffen. Natürlich muss ich Ma nuit chez Maud erwähnen, den ich inwischen auswendig kann, mit Pascal und dem ganzen Sabbelkino. Auf jeden Fall aber Das wilde Schaf (Le mouton enragé) eine bösartige kleine Komödie mit Jane Birkin, Romy Schneider (mit der er auch einmal eine kurze Affäre hatte) und der wunderbaren Florinda Bolkan. Mit der war er auch in dem Film Metti, una sera a cena zusammen. Und in Le voleur de crime, bei dem seine Frau Nadine Regie führte. Mit ihr war er achtzehn Jahre verheiratet. Seine erste Ehe mit Stéphane Audran ging während der Brigitte Bardot Affäre in die Brüche.

Dreiundfünfzig Jahre nach Un homme et une femme hat Claude Lelouch mit seinen Hauptdarstellern den Film Die schönsten Jahre eines Lebens gedreht (der Film Un homme et une femme: Vingt ans déjà hatte ihm nicht gereicht), da ist der ehemalige Rennfahrer Jean-Louis Duroc im Altersheim und ist schon ein klein wenig dement. Wir wollen mal hoffen, dass es dem wirklichen Jean-Louis gut geht. Seine Ex-Frau Nadine hat vor wenigen Wochen in einem Interciew gesagt: Il perd la vue, il ne peut plus marcher bien. Il ne va pas bien, non, il va mal. Wir wollen mal hoffen, dass sie übertreibt.

1 Kommentar:

  1. Eine sehr schöne Würdigung dieses bemerkenswerten Schauspielers des französischen Kinos und weit darüber hinaus, der trotz des Ruhms nie an Boden verloren hat.
    Anknüpfend an das Gedicht „Les Feuilles Mortes“ von Jacques Prévert,
    dessen Poesie ich, wie Herr Jean-Louis Trintignant, bereits in frühen Jahren
    kennen und lieben lernte

    sage ich, etwas verspätet doch nicht weniger herzlich

    Alles Gute zum 90. Geburtstag,
    Jean-Louis Trintignant!

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