Dienstag, 30. September 2025
Sendeschluss
Samstag, 27. September 2025
beautiful
Earth has not anything to show more fair:
Dull would he be of soul who could pass by
A sight so touching in its majesty;
This City now doth, like a garment, wear
The beauty of the morning; silent, bare,
Ships, towers, domes, theatres, and temples lie
Open unto the fields, and to the sky;
All bright and glittering in the smokeless air.
Never did sun more beautifully steep
In his first splendour, valley, rock, or hill;
Ne'er saw I, never felt, a calm so deep!
The river glideth at his own sweet will:
Dear God! the very houses seem asleep;
And all that mighty heart is lying still!
The unshorn fields, boundless and beautiful,
For which the speech of England has no name--
The Prairies. I behold them for the first,
And my heart swells, while the dilated sight
Takes in the encircling vastness. Lo! they stretch
In airy undulations, far away,
As if the ocean, in his gentlest swell,
Stood still, with all his rounded billows fixed,
And motionless for ever.--Motionless?--
No--they are all unchained again. The clouds
Sweep over with their shadows, and, beneath,
The surface rolls and fluctuates to the eye;
Am Ende des 19. Jahrhunderts schreibt Katharine Lee Bates das patriotische Lied America the Beautiful:
For amber waves of grain,
For purple mountain majesties
Above the fruited plain!
America! America!
God shed His grace on thee
And crown thy good with brotherhood
From sea to shining sea!
Ich bin auf das Wort beautiful gekommen, weil es, seit Donald Trump in unseren Leben ist, eine Inflation des Wortes (ähnlich wie bei dem Wort awesome) gibt. Sein neues Steuergesetz wurde als One Big Beautiful Bill Act vorgestellt. Ich glaube, die Amerikaner werden noch merken, dass die Gedichtszeile von John Keats a thing of beauty is a joy forever auf dieses Gesetz nicht zutrifft. Das beautiful scheint ein Lieblingswort von Donald Trump zu sein, in seiner →Rede vor den Vereinten Nationen gebraucht er das Wort zwölfmal. Alles wird bei Trump beautiful, sogar die Zölle: I always say 'tariffs' is the most beautiful word to me in the dictionary. Because tariffs are going to make us rich as hell. It's going to bring our country's businesses back that left us. Und natürlich sind die USA bei ihm immer beautiful: We need to bring back religion to America, we want to bring God back into our beautiful USA like never before. Die Schönheit des Landes liegt ihm am Herzen, deshalb hat er vor vier Wochen einen Erlass herausgegeben, der Making federal architecture beautiful again heißt.
Samstag, 20. September 2025
Krieg und Frieden: Verfilmungen
Als ich den Post Borodino schrieb, habe ich Teile von Tolstois Krieg und Frieden noch einmal gelesen. Danach habe ich den Schuber der zweibändigen dtv-Ausgabe mit Tesa verklebt, er hatte in den letzten drei Jahren doch etwas gelitten. Es war ein Fehler, die Paperback Ausgabe zu kaufen, aber ich musste ja unbedingt die preisgünstigste Übersetzung von Barbara Conrad haben. Der zweite Band war bei der Lektüre mehr beansprucht worden als der erste, das liegt daran, dass da noch hundert Seiten Nachwort, Verzeichnis der historischen Akteure, Personen des Romans und Anmerkungen drin sind. So etwas lese ich immer zuerst, das ist eine déformation professionnelle. Mit der Übersetzung von →Barbara Conrad liegt seit 2011 wohl die beste deutsche Übersetzung des Romans vor. Die schlechteste möchte ich an dieser Stelle nicht unterschlagen. Die hat den Untertitel Aus dem Russischen übertragen und zeitgemäß bearbeitet und hat eine Länge von 752 Seiten. In der Übersetzung von Barbara Conrad hat der Roman 2.228 Seiten. Die Frau, die dieses zeitgemäß bearbeitete Machwerk auf dem Gewissen hat, heißt Hertha Lorenz. In dem Post Anna Karenina: Übersetzungen (der schon mehr als 5.000 Leser hat) wird einiges über ihre Übersetzungen gesagt.
Ein oben und unten der Qualität findet sich auch bei den Verfilmungen von Tolstois Roman, die es seit über hundert Jahren gegeben hat. Hier können wir Napoleon Bonaparte sehen, der gerade mit einer Generalstabskarte plant, Russland zu überfallen. Das Bild stammt aus Wladimir Gardins Film Война и мир aus dem Jahre 1915.
Von diesem Pionier des russischen Kinos gibt es eine Vielzahl von Filmen und Filmchen im Internet zu sehen, leider sind seine Filme Anna Karenina und Krieg und Frieden nicht dabei. Wir wissen aber, dass Pierre Besuchow im Jahre 1915 so ausgesehen hat wie der bebrillte Herr links. Wenn Sie einmal sehen wollen, was dieser Regisseur künstlerisch alles konnte, empfehle ich Ihnen den Film ✺Ein Gespenst geht um in Europa. Hat nichts mit Karl Marx zu tun.
Die nächste Verfilmung von Krieg und Frieden kam 1956 aus Hollywood. Es war die Geschichte von einem Mädchen, das einen Typ liebt und einen dritten heiratet, wie Daniel Pennac das so schön in seinem Buch Comme Un Roman gesagt hat. Ein glamouröses Starvehikel für drei Schauspieler. Ein Muss für Fans von Audrey Hepburn (und Anita Ekberg), viel mehr auch nicht. Wenn Sie noch einmal in den Film hineinschauen möchten, ich habe ✺Krieg und Frieden hier in ganzer Länge. Hollis Alpert schrieb im Saturday Review in seiner Rezension Tolstoy in VistaVision: it is only intermittently interesting and that aside from making a sort of pictorial sour-mash of the original work it is not particularly good movie-making.
Die dritte Verfilmung kam zehn Jahre später, ein →Monumentalfilm in vier Teilen, der insgesamt 432 Minuten lang war. Und vielleicht der teuerste Film aller Zeiten war. Geld spielte bei den Dreharbeiten keine Rolle, der russische Staat wollte Hollywood nicht dieses Thema überlassen. Ein überwältigend einzigartiger Film. Das größte Epos aller Zeiten. Etwas Vergleichbares werdet ihr nie wieder sehen, schrieb der Filmkritiker Roger Ebert. In der Welt konnte man 1968 lesen: Akribische Detailfreudigkeit, die malerische Behandlung und farbige Delikatesse eines sorgfältigen abgestuften Kolorits, die ruhige Schönheit großflächiger Landschaftsaufnahmen, die exzellente Kameraführung, die zuweilen mit einer optischen Kühnheit operiert, wie man sie bisher noch nie in Filmen dieses Genres gesehen hatte. Aber der Film brauchte lange, um wirklich bekannt zu werden. Die Mosfilm besaß nicht Hollywoods Vertriebssystem, um außerhalb des Ostblocks einen Film erfolgreich in die Kinos zu bringen. Selbst wenn der Film einen Oscar als bester ausländischer Film bekommen hatte. Aber in der DDR fand Krieg und Frieden 2.225.649 Zuschauer.
Der Film, der in jahrelanger ✺Arbeit entstanden war (der dritte und der vierte Teil des Films hatten erst 1967 Premiere), blieb im Westen erst einmal ein Geheimtip für Cinéasten. Das änderte sich aber, als er im westdeutschen Fernsehen gesendet wurde und zwei verschiedene Versionen des Films als DVDs auf den Markt kamen. 2006 erschien bei einer Firma namens Icestorm Entertainment der Film in der DEFA Synchronisation, aber ohne russische Originaltonspur. Die gab es erst 2021 bei der überarbeiteten Version der Firma →Bildstörung.
Der Regisseur Sergei Bondartschuk, der selbst die Rolle des Pierre Besuchow übernahm, hatte keine Audrey Hepburn. Seine Natascha hieß Lyudmila Savelyeva, sie kam vom Sankt Petersburger Ballett und hatte noch nie vor der Kamera gestanden. Und doch war sie im Film überzeugend. Und sie konnte natürlich gut tanzen, dafür widmete ihr Bondartschuk eine große ✺Szene. Sie können das alles überprüfen, ich habe den ganzen ✺Film hier in vier Teilen in HD-Qualität.
Eine Division russischer Soldaten wirkte als Komparsen mit und spielte französische und russische Soldaten. Beinahe zweitausend Textilfabriken nähten Kostüme und Uniformen. Da sich die Uniformen der russischen Armee zwischen der Schlacht von Austerlitz und der Schlacht von Borodino geändert hatten, mussten manche Komparsen (das betraf vor allem die Offiziere) zweimal eingekleidet werden. Bei den Dreharbeiten zur Schlacht von Borodino hatte Bondartschuk seinen ersten Herzanfall und musste wiederbelebt werden. Auch den zweiten Herzanfall während der Dreharbeiten überlebte er und drehte vier Jahre später ✺Waterloo. Mit einem Staraufgebot, aber ohne die künstlerische Brillanz und der optischen Kühnheit von Krieg und Frieden. Wenn es in diesem Film wirklich gute Kameraeinstellungen gab, dann waren das Wiederholungen aus Война и мир.
Bondartschuk hat das Drehbuch zu Krieg und Frieden selbst geschrieben. Und obwohl er beinahe sieben Stunden zur Verfügung hat, streicht er viel von Tolstois Text. Manches fordert im Roman geradezu heraus, gestrichen zu werden: die langen Passagen, die von Pierre Besuchows Karriere bei den Freimaurern erzählen, fielen als erstes dem Rotstift zum Opfer. Ich habe sie zwar knurrend gelesen, hätte sie aber schon beim Lesen gerne gestrichen. Auf irgendetwas muss man immer verzichten, es gibt bei Literaturverfilmungen keine 1:1 Kopien.
1972 kam Tolstois Roman →Krieg und Frieden als 20-teiliger Fernsehfilm von der BBC. Das Drehbuch schrieb →Jack Pulman, der für die BBC schon die Drehbücher für I, Claudius, The Portrait of a Lady, Jane Eyre, Crime and Punishment und David Copperfield geschrieben hatte. Man muss ihm lassen, dass er wirklich etwas von seinem Handwerk verstand, das war nicht bei allen Drehbuchautoren von Krieg und Frieden Verfilmungen der Fall. Anthony Hopkins spielte den Pierre Besuchow und Morag Hood war Natascha. Ich kann mich noch gut an den Film erinnern, denn ich habe beinahe alle Episoden im Fernsehen gesehen, da ARD und die Dritten Programme die Folgen sendeten. Es war für mich allerdings ein Schwarzweißfilm, da ich keinen Farbfernseher besaß.
Und obgleich ich den Roman immer noch nicht gelesen hatte, ahnte ich damals, dass dies eine der textgetreuesten Literaturverfilmungen war. Der Filmwissenschaftler James Monaco bezeichnete die BBC Serie in seinem Buch How to Read a Film summarisch als easily the best adaption of that classic in any medium. Und er sagt das am Anfang seines Buches noch etwas genauer: Of all the screen versions of 'War and Peace', for example, the most successful seems to me to have been the BBC's twenty-part serialization of the early 1970s; not necessarily because the acting or direction was better than the two- or six-hour film versions (although that is arguable), but only the serial could reproduce the essential quality of the saga - duration.
Nach beinahe einem halben Jahrhundert sind jetzt alle Teile der BBC Serie im Netz zu sehen (seit 2005 gibt es die Serie als DVD). Wenn Sie den ersten ✺Teil hier anklicken, bekommen Sie die ersten vier Episoden. Und auf der Seite können Sie auch noch die Links zu den Episoden fünf bis zwanzig anklicken. Die Fernsehserie hält sich ziemlich genau an den Roman. Wenn man Ende, vor dem Epilog (ab ✺2:00:00), der Zar den knienden Kutusow aufhebt, ihn auf die Wangen küsst und ihm den Georgsorden verleiht, dann steht das etwas anders im Buch: Am anderen Tage fand beim Feldmarschall ein Diner und Ball statt, an welchem der Kaiser teilnahm. Kutusow erhielt den Georgenorden erster Klasse, und der Kaiser erwies ihm hohe Ehren, aber alle wußten, daß der Kaiser mit dem Feldmarschall unzufrieden war. Als Kutusow auf dem Ball nach alter Gewohnheit aus der Zeit Katharinas beim Eintritt des Kaisers in den großen Saal ihm die eroberten Fahnen zu Füßen legen ließ, verfinsterte sich die Miene des Kaisers, und einige hörten seine Bemerkung: 'Alter Komödiant!'
Das sagt er im Film nicht, aber in der nächsten Szene wird das überdeutlich ins Bild gebracht, was im Roman steht: Die Unzufriedenheit des Kaisers mit Kutusow stieg in Wilna besonders deshalb, weil Kutusow die Bedeutung des bevorstehenden Feldzugs nicht begreifen konnte oder wollte. Als der Kaiser am folgenden Morgen den um ihn versammelten Offizieren sagte: »Sie haben nicht nur Rußland, sondern auch Europa gerettet«, begriffen alle, daß der Krieg noch nicht zu Ende sei. Nur Kutusow wollte das nicht begreifen und sprach offen seine Meinung aus, der neue Krieg könne Rußland keinen Vorteil bringen und seinen Ruhm nicht erhöhen. Er versuchte, dem Kaiser die Unmöglichkeit zu beweisen, neue Truppen auszuheben, und sprach von dem schweren Druck, der auf dem Volk laste, von der Möglichkeit eines Mißerfolgs und so weiter. Um den Alten zu schonen, übernahm der Kaiser selbst den Oberbefehl. Einige Veränderungen fanden im Generalstab statt.
Die 400-minütige Fernsehfassung des ZDF, die ich schon in dem Post Krieg und Frieden erwähnte, lasse ich lieber weg. Der Spiegel wusste damals zu sagen: Sie [die Schauspieler] alle aber können nicht überspielen, dass Tolstois Gefühlswirren vor historischem Hintergrund im wohltemperierten Euro-TV-Format doch ab und an nach Rosamunde Pilcher aussehen ... Wer die ganze dramatische Wucht des ausladenden Epos ermessen und in die viel beschworene Seele 'des heiligen Mütterchens Russland' blicken will, der muss wohl weiter auf die monumentale Kinoversion von Sergej Bondartschuk zurückgreifen – oder eben den Roman zur Hand nehmen. Der Film kostet bei Amazon als DVD 4,76€, der Preis sagt schon viel über die Qualität.
Mittwoch, 17. September 2025
Joachim Körnig ✝
Hungry for music with a desperate hunger
I prowled abroad, I threaded through the town;
The evening crowd was clamoring and drinking,
Vulgar and pitiful--my heart bowed down--
Till I remembered duller hours made noble
By strangers clad in some surprising grace.
Wait, wait my soul, your music comes ere midnight
Appearing in some unexpected place
With quivering lips, and gleaming, moonlit face.
Samstag, 13. September 2025
Chipocalypse Now
......... Ich möchte es nicht vergessen, und das hat jetzt nichts mehr mit der Kunst der Pittura metafisica zu tun, dem Pianisten Alfred Brendel zum neunzigsten Geburtstag zu gratulieren. Und natürlich auch dem amerikanischen Schauspieler Robert Duvall, der heute ebenfalls neunzig wird. Wir kennen ihn aus dem Film ✺Apocalypse Now als Colonel Kilgore (= kill + gore). Der die berühmten Sätze sagt: You smell that? Do you smell that? Napalm, son. Nothing else in the world smells like that. I love the smell of napalm in the morning. You know, one time we had a hill bombed, for twelve hours. When it was all over I walked up. We didn't find one of 'em, not one stinkin' dink body. But the smell! You know – that gasoline smell... the whole hill! Smelled like... victory. (Pause) Some day this war is going to end...
Und an dieser Stelle muss ich doch noch einmal Donald Trump zitieren, ich hoffe, es ist das letzte Mal, dass er in diesem Blog auftaucht. Bei einem Treffen mit Vertretern der Kriegsveteranen im Jahre 2017 behauptete Trump, begleitet von seiner Assistentin Omarosa Manigault-Newman, dass der Colonel Kilgore in dem Film von Agent Orange und nicht von Napalm redet. Obgleich er von allen Seiten korrigiert wird, beharrt er auf seiner irrigen Meinung. Wie immer. Weil es für ihn eine andere Realität als für den Rest der Welt gibt. In der Colonel Kilgore nun eben I love the smell of Agent Orange in the morning sagt (lesen Sie mehr zu dieser bizarren Szene in The Daily Beast). Seine Assistentin für Öffentlichkeitsarbeit, die erste Farbige im Weißen Haus wurde Ende des Jahres gefeuert. Was ein Fehler war, denn Omarosa schrieb über ihr Jahr im Weißen Haus ein Buch. Trump nannte sie daraufhin auf Twitter that dog. Irgendwie wird uns der Prolet mit dem großen Maul, der Amerika zur Bananenrepublik gemacht hat, fehlen.
Das stand hier am 5. Januar 2021 in dem Post das elfte Jahr. Ich möchte darauf noch einmal zurückkommen. Nicht wegen des Proleten mit dem großen Maul, der Amerika zur Bananenrepublik gemacht hat. Sondern wegen des Bildes im ersten Absatz, das den Schauspieler Robert Duvall als Colonel Kilgore in dem Film ✺Apocalypse Now zeigt. Er trägt da ein gelbes Halstuch, das ist die Farbe der Kavallerie, das wissen wir aus dem Film She Wore a Yellow Ribbon. Auch wenn sie keine Pferde mehr haben und zur Musik von Wagner ✺Ritt der Walküren mit Hubschraubern unterwegs sind, hat die Air Cavalry heute immer noch ein Pferd im Wapperl. Die Szene mit den Hubschraubern und die ✺Szene, in der Colonel Kilgore I love the smell of napalm in the morning sagt, bleiben immer im Gedächtnis.
Auch im Gedächtnis von Donald Trump. Denn der →Colonel Kilgore, für den Robert Duvall einen Oscar bekommen hatte, ist zurückgekommen. Er ist nur ein bisschen fett geworden und wird jetzt von Donald Trump gespielt. Der sich auf seiner hauseigenen Plattform Truth Social dank der Articial Intelligence als Lieutenant Colonel Donald Kilgore Trump inszeniert und gerade der Stadt Chicago den Krieg angesagt hat. Weil er das Verteidigungsministerium in Kriegsministerium umbenannt hat: Chicago about to find out why it’s called the Department of WAR. Und statt des Satzes I love the smell of napalm in the morning steht in diesem Bild: I love the smell of Deportations in the morning.
Sonntag, 7. September 2025
Borodino
Kund ward dem fränkischen Geschlechte
Wie Russen stehen im Gefechte,
Was unser Faustkampf heißt!
Wie unsre Brust die Erde dröhnte,
Ein tausendfältig Donnern tönte,
Der Reiter mit dem Rosse stöhnte,
Tod und Verderben kreist.
Es dämmerte. Wir standen fertig
Und waren neuen Kampfs gewärtig
Beim nächsten Morgenroth —
Doch nach und nach verstummt das Knallen,
Zum Rückzug alle Trommeln schallen
Wir aber zählten die gefallen,
Verwundet oder tot
Stark im Gehorchen und im Streiten,
Männer von Stahl und Erz!
Nur Wen'ge ließ die Schlacht am Leben,
Und, wär' es nicht um höh'res Streben,
Sie hätten nimmer preisgegeben
Moskau, des Landes Herz!
Die Schlacht bei dem Dörfchen Borodino am 7. September 1812 war die blutigste Schlacht von Napoleons →Russlandfeldzug. Napoleon wird ein Viertel seiner Truppen verlieren, die Russen ein Drittel. Von den 600.000 Mann, mit denen Napoleon am 24. Juni die Memel überschritt, sind ihm noch 130.000 geblieben. Ein Jahr nach der Schlacht wird Napoleon im Gespräch mit Metternich in Dresden sagen: Ich bin im Felde aufgewachsen, und ein Mann wie ich schert sich wenig um das Leben einer Million Menschen ... Die Franzosen können sich nicht über mich beklagen; um sie zu schonen, habe ich die Deutschen und die Polen geopfert. Ich habe in dem Feldzug von Moskau 300.000 Mann verloren; es waren nicht mehr als 30.000 Franzosen darunter. Metternich vermerkt in seinen Erinnerungen, dass Napoleon statt des sich scheren etwas Derberes gesagt hätte. Wahrscheinlich hat er je me fous gesagt, was manche mit Ich scheiße auf das Leben von Millionen wiedergeben.
Es sind die deutschen Verbündeten, die den Blutzoll zahlen müssen. Von den 30.000 Bayern, die Napoleons Stiefsohn Eugène de Beauharnais kommandiert, kommen nur 5.000 zurück. Der bayrische Maler Albrecht Adam, dessen Bilder schon in den Posts Moskau brennt und Beresina 1812 zu sehen sind, schrieb über die Schlacht von Borodino: Der Mittag kam und des furchtbaren Mordens war noch kein Ende. Ein General nach dem andern wurde verwundet zurückgebracht, von vielen war die Todespost eingetroffen, bluttriefend schleppten sich die Soldaten aus dem Kampfe, an vielen Stellen war das Feld mit Leichen bedeckt; was ich an Verwundungen und Verstümmelungen an Menschen und Pferden an diesem Tage gesehen, ist das Gräßlichste, was mir je begegnete und läßt sich nicht beschreiben. Dies Bild hat er in den 1830er Jahren gemalt, es beruht aber auf einer Bleistiftzeichnung, die er am 7. September 1812 anfertigte. Man kann das Bild als →Borodino 1 bezeichnen, denn er hat für den bayrischen Kronprinzen noch ein zweites sechs Quadratmeter großes →Bild der Schlacht gemalt.
Es war erst drei Uhr, aber die Kraft beider Heere war wie ausgebrannt. Wir hatten ein Drittel, die Russen die Hälfte ihres Bestandes an diesen Tag gesetzt. Kutusow, in einem Kriegsrat, der abgehalten wurde, beschloß, bis hinter Moskau zurückzugehen. Er wußte, daß man's ihm nicht zum Guten anrechnen werde, und sagte: »Je payerai les pots cassés, mais je me sacrifie pour le bien de ma patrie.«
Am andern Morgen trat er den Rückzug an; Napoleon folgte den Tag darauf. Auch wir. Wir waren nur noch ein Trümmerhaufen; was wir gewesen, das lag bei Semenowskoi und in der Rajewskischanze; aber in unsere Standarten durften wir den Namen schreiben: Borodino!