Noch mehr Marilyn in diesem Blog: Marilyn Monroe, John Huston, Method Acting, Dorothy Parker, Delmore Schwartz, What do I wear in bed?
Sonntag, 29. Juni 2025
The Misfits
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Freitag, 27. Juni 2025
Reprise
Ich habe dann längere Posts geschrieben, ich war im Januar 2010 ja noch am Üben, aber irgendwie finde ich diesen Post in seiner Kürze perfekt. Wenige Zeilen, die viel sagen. Der Walfang war mir seit der Kindheit vertraut, nicht nur, weil wir Walkiefer am Utkiek stehen hatten. Die Häuser in unserer Straße hatten beinahe alle Kapitänen gehört (unser Haus auch), von denen viele im 19. Jahrhundert gutes Geld mit dem Walfang gemacht haben. Vieles davon war im Heimatmuseum gelandet.
Heute vor 54 Jahren hatte John Hustons Moby-Dick Verfilmung Premiere. Fiel, trotz des künstlerischen Aufwandes bei Kritik und Publikum, glatt durch. Man lobte Orson Welles's Auftritt als Father Mapple, aber Gregory Pecks Ahab konnte keinen begeistern. Am wenigsten Leslie A. Fiedler, den wilden Mann der amerikanischen Literaturkritik. Gregory Peck hätte besser den Wal gespielt, höhnte er in seinem Buch Waiting for the End. Fiedler ist ein Mann der wunderbar gewagten Formulierungen, wie jeder weiß, der einmal sein fetziges Buch Love and Death in the American Novel gelesen hat. Fiedler hat auch einmal in einem Vortrag gesagt, dass die einzige überzeugende Frauenfigur in der amerikanischen Literatur der weiße Wal in Melvilles Roman Moby-Dick sei. Er hatte auch kein gutes Wort für John Barrymore übrig, der in den Moby-Dick Verfilmungen von 1926 und 1930 (die von 1930 ist eigentlich nur ein Tonfilm Remake der Version von 1926) den Kapitän Ahab als einen leicht irren John Barrymore gespielt hatte.
Enttäuschte Liebe hat in diesem Film Kapitän Ahab zur Jagd nach dem Wal gebracht, diesen love interest finden wir im Buch ja nun gar nicht, aber Barrymore hatte für seine jeweilige Geliebte das Drehbuch umschreiben lassen. Wer interessiert sich schon für Herman Melville, wenn sich die ganze Welt der Traumfabrik Hollywood nur für John Barrymore interessiert? Dabei hatte sich John Huston mit dem Film große Mühe gegeben, er ist auch einer der wenigen amerikanischen Regisseure, der kommerzielle Interessen (zum Leidwesen der Studios) gegenüber der Originaltreue bei einer Literaturverfilmung zurückstellte. Die junge Journalistin Lillian Ross vom New Yorker hatte Hustons Dreharbeiten von The Red Badge of Courage begleitet und darüber im New Yorker geschrieben. Die Reportage ist später in Buchform unter dem Titel Picture erschienen.
Es ist eins der besten Bücher, die über eine Literaturverfilmung geschrieben worden sind (man kann es heute noch kaufen und die deutsche Übersetzung Film gibt es bei Amazon ab 0,47 €). Und man merkt bei Ross (die zwei Jahre zuvor im New Yorker die Macho Attitüden von Hemingway demontiert hatte) auf jeder Seite, wie Huston gegen das Studio um den Originaltext kämpft. Huston wird (wie jeder Leser von Moby-Dick) gewusst haben, dass Moby-Dick unverfilmbar ist, aber er hat versucht, das Unmögliche möglich zu machen. Sein Film ist nicht nur eine einfache Abenteuergeschichte. Dafür hat schon sein Drehbuchautor gesorgt, kein Hollywood Profi, sondern Ray Bradbury, der gerade Fahrenheit 451 geschrieben hatte. Und auch für die Filmmusik hatte Huston auf jemanden gesetzt, der nichts mit Hollywood zu tun hatte. Der englische Komponist →Philip Sainton schrieb die Musik, die ein wenig an Debussy, Delius und Korngold erinnert. Das Label Marco Polo hat 1998 die ✺Filmmusik auf einer CD herausgebracht. Die Dreharbeiten des Films dauerten drei Jahre, fünfzig Prozent waren Außenaufnahmen in Irland, vor der Küste von Wales und vor Madeira (alles, was im Roman im Pazifik spielt, wurde dort gedreht). Die andere Hälfte wurde in den Elstree Studios in London gedreht. Nichts in Amerika. John Huston, der seit 1947 die Hexenjagd der HUAC Komitees bekämpft hat, ist jetzt irischer Staatsbürger.
Huston hatte sich vor den Dreharbeiten alte kolorierte Stiche und Lithographien aus dem 19. Jahrhundert angesehen. Und er wollte seinen Film trotz der satten Farben von Technicolor bewusst in diesem Stil haben. Sein Kameramann hielt sich an diese Anweisungen, und so gibt es in diesem Film immer eine gewisse Unschärfe und Farben, die eher milchig wirken.
Huston hatte vorher schon mit Ähnlichem experimentiert, bei Moulin Rouge hatte er einen Schwarzweißfilm über den Farbfilm kopiert, was im Ergebnis an eine malerische Technik erinnerte. Und auch in Moby-Dick haben die Bilder häufig etwas Malerisches, einen trüben Lichtschimmer und eine glanzlose Gischt mit der die pessimistische Grundstimmung Melvilles mit einer schleierlosen Kälte, aber nicht ohne den Schimmer düsterer eschatologischer Romantik gezeigt wird (auf jeden Fall so im Verständnis des anonymen Rezensenten, der im ersten Heft der neuen Zeitschrift Filmkritik 1957 den Artikel Melville zum Gruß schrieb). Oswald Morris, der mit Huston schon Moulin Rouge gedreht hatte (und noch in vielen Filmen sein Kameramann sein wird), hat das Filmmaterial beim Entwickeln nachbehandelt, bis er diese milchigen Pastelltöne hinbekommen hat.
Eigentlich hätte man das Ganze auch gleich in Schwarzweiß drehen können. Ray Bradbury war mit seiner Familie nach Irland zu Huston gezogen. Er hatte Huston in Kalifornien kennengelernt, und er hatte einmal als junger Autor auf die Frage Wann schreibst Du denn mal ein Drehbuch? die scherzhafte Antwort gegeben Wenn John Huston mich anruft. Nun hatte John Huston angerufen. Bradbury war nicht zuhause gewesen, weil er mit seinem Freund Ray Harryhausen in den Antiquariaten von Venice herumstöberte, auf der Suche nach Büchern über Monster. Wir sind in den frühen fünfziger Jahren, da gibt es noch nicht so viele Bücher über Monster. Das hat sich heute geändert. Und alles, was Ray Harryhausen für die Welt der filmischen Monster erfunden hat, braucht man heute nicht mehr. Ich habe Ray Harryhausen einmal kennengelernt und ihn mit einer kleinen Einleitung dem Publikum vorgestellt. Dafür durfte ich dann auch bei seinem Vortrag neben ihm sitzen und hatte einen Logenplatz, als er ein kleines hochkompliziertes Monster nach dem anderen aus seinem Koffer holte. Die kleine mechanische Eule, die in Clash of the Titans (1981) durchs Bild saust, ich habe sie in der Hand gehabt. Das war ein netter Abend. Warum Bradbury Huston seinen Freund Harryhausen nicht als Trickfilmspezialisten empfohlen hat, weiß ich nicht. Die beiden Rays sind heute immer noch Kumpel (sie werden in diesem Jahr beide neunzig Jahre alt).
Aber als John Huston zum zweiten Mal anrief, war Bradbury zuhause. Musste allerdings zugeben, dass er den Roman noch nie gelesen hatte. Von dem Abend an hat er für das nächste Jahr nichts anderes mehr getan, eines Tages guckte er morgens in den Spiegel und sagte: I am Herman Melville. Und schrieb den Rest des Drehbuchs. Hat er in einem Interview gesagt, aber er hat viele widersprüchliche Dinge über seine Zusammenarbeit mit Huston gesagt. In dem Interview mit Sight & Sound 1974 hat er auch gesagt, dass Gregory Peck eine Fehlbesetzung war.
Gut, wir haben ihn ja alle lieber als Captain Hornblower (links), aber war er wirklich so falsch als Ahab? Ist Patrick Stewart vom Raumschiff Enterprise 1998 besser? In dieser Verfilmung durfte der Ahab von 1956 den Father Mapple spielen. Bradbury lenkt mit solchen Sätzen davon ab, dass sein Drehbuch den Text von Moby-Dick an entscheidenden Stellen elementar verändert hat (der Filmkritiker Brandon French fand das in Lost at Sea katastrophal). Ich glaube manchmal, dass Peck gegen Bradburys Text noch etwas von Melvilles Ahab zu retten versuchte. Aber es steht fest, dass Huston Peck nicht gewollt hat, den hatte ihm das Studio (Warner Bros.) aufgedrückt, damit wenigstens ein bekannter amerikanischer Schauspieler im Film war. Wäre der Film besser geworden, wenn er länger geworden wäre? Sergei Bondartschuk nimmt sich für Krieg und Frieden 484 Minuten Zeit, Moby-Dick ist (bei gleicher Länge des Romans) nur 116 Minuten lang. Es wird niemandem gelingen, Prousts Suche nach der verlorenen Zeit zu verfilmen. Obgleich Raoul Ruiz Le temps retrouvé (1999) sicher als gelungen zu bezeichnen ist.
Nach einem halben Jahrhundert ist man als Kritiker gegenüber dem Film sicherlich milder gestimmt. Man hat mittlerweile so viele schlechte Filme gesehen, dass einem Moby-Dick jetzt schon wieder gut vorkommt. Als Melville den Roman schrieb, hatte der Walfang als Amerikas nationale Industrie längst seinen Höhepunkt hinter sich. Und heute hat der Walfang einen ganz anderen Stellenwert als 1851. Niemand würde ein Epos über einen japanischen Walfänger schreiben, der hinter einer Kanone auf einem japanischen Walfangschiff steht. Das Abenteuer, das den jungen Melville auf der Acushnet begeisterte, ist dem unsinnigen mechanisierten Morden gewichen. Kein faustischer Ahab versucht mehr, the whiteness of the whale zu ergründen.
Ray Bradbury lässt in seinem Drehbuch Moby Dick sterben, aber in Melvilles Roman stirbt er nicht. Moby Dick wird niemals sterben, wird immer ein Rätsel und ein Geheimnis bleiben. Ebenso wie der Roman immer ein Rätsel bleiben wird, so oft man ihn auch liest. Hustons Film hat große Momente, so fehlerhaft er ist. Er kann auch Zuschauer dazu bringen, einmal den Roman zu lesen.
John Hustons Film ist als DVD leicht erreichbar, es gibt ihn oben auch zum Anklicken. Mit guten Moby-Dick Ausgaben sieht es schon schwieriger aus. Da die Ausgabe von Mansfield und Vincent (Hendricks House 1952) nicht mehr erreichbar ist, steht die von Harold Beaver kommentierte Penguin Ausgabe (über 300 Seiten Kommentar!) bei mir an zweiter Stelle der Empfehlungen. Gefolgt von der Norton Critical Edition, die Harrison Hayford und Hershel Parker herausgegeben habe. Im Internet gibt es einen ganz vorzüglichen →Power Moby-Dick. Bei deutschen Übersetzungen überwiegen die schlechten und schlimmen Texte. Meine Lieblingsübersetzung bleibt die bei Manesse erschienene Übersetzung von Fritz Güttinger. Es hat im letzten Jahrzehnt zwei deutsche Neuübersetzungen gegeben, wobei die von Daniel Göske herausgegebene Übersetzung von Matthias Jendis die lesbarste ist. Die von →Friedhelm Rathjen bei Zweitausendeins erschienene Übersetzung hat den Vorteil, dass das Buch die schönen Illustrationen von Rockwell Kent enthält. Allerdings haben sich prominente Kritiker vernichtend über Rathjens Übersetzung geäußert. Ich auch. Die beste und lesbarste neuere Biographie zu Melville ist von Andrew Delbanco (Knopf 2005), die es inzwischen glücklicherweise auch schon in einer deutschen Übersetzung gibt. Man kann natürlich auch Moby-Dick lesen und dabei die ✺Songs of the Humpback Whale hören. Was aber sicher gar nicht geht, ist das hier unten:
Dienstag, 24. Juni 2025
die Stimme im Hintergrund
Colin Dexter hatte Klassische Philologie in Cambridge studiert und war Lehrer geworden. Als er 1966 langsam taub wurde, nahm er einen Verwaltungsposten an der Universität Oxford an, den er bis zu seiner Pensionierung 1988 innehatte. 1972 begann er aus Langeweile im Urlaub einen Kriminalroman zu schreiben, der als Last Bus to Woodstock im nächsten Jahr erschien. In dem Roman begegnen wird dem Chief Inspector Endeavour Morse zum ersten Mal. Wie der Musik und Kreuzworträtsel liebende Inspektor Morse und sein Sergeant Lewis zu ihren Namen kamen, hat uns Dexter (hier auf dem Bild hat er gerade den Order of the British Empire bekommen) verraten. Er bewunderte den Bankier Sir Christopher Jeremy Morse, der wie Dexter und Inspektor Morse ein großer Liebhaber des Kreuzworträtsels war: Inspector Morse is named after Sir Jeremy Morse, who I got to know in the 1950s when he started doing the Ximenes crossword in The Observer. And Dorothy Taylor wrote the The Observer’s Everyman crossword for years under the name Mrs B Lewis. So that’s the origin of Morse’s bagman.
Colin Dexters dreizehn Morse Romane waren die Basis für drei Fernsehserien, in denen Dexter häufig (wie Alfred Hitchcock) einen kleinen →Cameo Auftritt hatte. Die Serien hießen Inspector Morse (33 Folgen), Lewis (auch 33 Folgen) und Endeavour (35 Folgen). Im Jahr 2000 plazierte das British Film Institute Morse auf Platz 42 der 100 Greatest British Television Programmes. 2018 benannten die Leser der Radio Times Morse als the greatest British crime drama of all time. In Deutschland ist Morse nie gelaufen, angeblich mal sieben Folgen in der DDR. Von Lewis konnte man alle Folgen im ZDF sehen. Endeavour war als Der junge Inspektor Morse bei ZDFneo, aber ich weiß nicht, ob dort alle Folgen gesendet wurden.
Der Chief Inspector Morse hat in Oxford Klassische Philologie studiert, fährt einen roten Jaguar und liebt die Musik. Er singt im Chor und kann Klavierspielen, manchmal fährt er nach Bayreuth, weil er ein Wagner Fan ist. Und so ist diese Serie voller Musik. Die Filmmusik mit der ✺Titelmelodie ist von dem Australier Barrington Somers Pheloung, der auch die Musik für Lewis geschrieben hat. Aber es ist auch viel Klassik in den Folgen, viele Opernarien. Vor Jahren versuchte ich herauszufinden, wer das ✺Signora, Ascolta aus Turandot in der Folge ✺The Death of the Self sang. Inzwischen weiß ich das, ich habe es sogar auf CD der Essential Inspector Morse Collection. Es ist die Stimme der schottischen Sängerin Janis Kelly, die dreißig Jahre an der English National Opera sang und jetzt Professorin am Royal College of Music in London ist.
Hier sehen wir Morse neben der Opernsängerin Nicole Burgess, gespielt von Frances Barber. Wie sind in Italien, und obgleich hunderte von Stellen im Internet behaupten, dass dies die Villa Rotonda ist, ist sie es nicht. Wenn Sie den langen Post Palladio gelesen haben, dann wissen Sie natürlich, dass es die Rocca Pisana von Vincenzo Scamozzi ist. Frances Barber sieht richtig überzeugend aus, wenn sie das Signora, Ascolta singt (Sie können das ✺hier ab der 43. Minute sehen), aber die Schauspielerin hat den Part nicht wirklich gesungen. Es war wieder einmal die Stimme von Janis Kelly. Das hatte ich vor zehn Jahren herausgefunden, als ich den Post Endeavour schrieb.
Inzwischen weiß ich mehr, viel mehr. inzwischen weiß ich, dass Janis Kellys Stimme in ganz vielen Folgen der Morse Saga zu hören ist. Auch hier in der ersten Folge von Endeavour. Da hat sich der junge Detective Constable Morse in die Opernsängerin Rosalind Stromming verliebt, die sich allerdings am ✺Ende als die Mörderin entpuppt. Rosalind Stromming wird von Flora Montgomery gespielt, aber beide singen nicht. Das ist wieder Janis Kelly. Sie singt in dem Film auch Mozarts ✺Soave Sia Il Vento, aber ✺Miah Persson gefällt mir in der Glyndebourne Inszenierung besser. Die habe ich ganz oben bei meinen Lesezeichen. Neben den ✺Goldberg Variationen von Tatiana Nikolayeva, der ✺Schönen Müllerin und Mozarts ✺Contessa Perdono. Und der digital bearbeiteten Version von Jennifer Warnes' ✺Lights of Lousianne. Die lief früher bei dem teuersten HiFi Händler hier im Ort immer als Test CD für die exklusivsten Burmester Komponenten.
Dass ich inzwischen weiß, in welchen Folgen von Morse Janis Kelly singt, verdanke ich einem Mann namens Chris Sullivan. Der hat im Internet eine →Seite, auf der alles, aber wirklich alles, steht, was man zu Morse, Lewis & Co wissen kann. Die Namen der Schauspieler, alle literarischen Anspielungen in der Folge, alle Musiktitel, Photos von allen Drehorten. Das ist wirklich unglaublich. Und es gibt das Ganze auch in Buchform. Auf dieser →Seite finden Sie alle ihre Arien, die Janis Kelly in den Morse Folgen gesungen hat. Auch ✺Promised Land, die Folge, die in Australien spielt, ist dabei. Janis Kelly singt da ✺Hab’mir’s Gelobt aus dem Rosenkavalier, die Qualität der CD ist aber nicht gut.
Was natürlich nicht auf dieser Seite steht, sind all die Rollen für die Sopranstimme, die sie in den letzten Jahrzehnten auf der Opernbühne gesungen hat. Sie war die Despina in einem originellen Opernfilm von ✺Cosi Fan Tutte, der hauptsächlich am Strand spielt. Sie hat 2011 in New York die ✺Pat Nixon (das müssen Sie anklicken) in der Oper Nixon in China von John Adams gesungen. Die The New York Times hatte das Wort wonderful für sie. Zwei Jahre zuvor war sie als Régine Saint Laurent in der experimentellen Oper Prima Donna von Rufus Wainwright zu sehen. Diese Oper fällt ein wenig aus dem Repertoire einer Sängerin heraus, ich habe hier einen ✺Dokumentarfilm zu der Oper. Die Arbeit mit Wainwright hat ihr offenbar gefallen, denn sie ist mit ihm zusammen noch mehrfach aufgetreten: bei der ✺Weihnachtsfeier 2009 in der Royal Albert Hall, in ✺L´amico Fritz und mit ✺Last Rose of Summer. Kritiker haben Janis Kelly als ein Chamäleon beschrieben, und das ist sie wohl auch.
Wenn ich schon wieder einmal über den Chief Inspektor Morse schreibe, dann liegt das daran, dass ich mich gerade durch 59 Stunden Morse durcharbeite. Ich habe immer noch kein Fernsehen. Soll aber kommen.
Freitag, 20. Juni 2025
Alfred Brendel ✝
Alfred Brendel liest viel, sein Haus in Hampstead am Well Walk scheint, wenn man den Berichten der Journalisten glauben darf, die ihn in den letzten Jahren interviewt haben, eine einzige ✺Bibliothek zu sein. Überall liegen Bücher herum, chaotisch. Was dem Hausherrn die Gelegenheit gibt, Novalis zu zitieren: Das Chaos muss durch den regelmäßigen Flor der Ordnung schimmern. Den Satz muss ich mir mal merken, bei mir ist schon mehr Chaos als Flor der Ordnung. Gegenüber der Häuserreihe, in der Brendel wohnt, hatte einst John Constable seine Werkstatt. Aus der er hinausging auf die Heide von Hampstead, um seinem skying nachzugehen. John Keats hat in dieser Straße auch einmal gewohnt. Brendel schreibt jetzt viel. Schreibt immer mit der Hand. Er hat immer schon viel geschrieben. Jetzt schreibt er vermehrt Gedichte, die ich allerdings nicht verstehe. Wenn Sie welche lesen wollen, klicken Sie →hier. Die Gedichte, die ich in der englischen Übersetzung las, gefallen mir besser als die deutschen Versionen. Hier eins aus One Finger Too Many (Faber & Faber):
No one
ever dared open the windows
Fresh air
might harm the poetry
the music’s aroma
to be savoured undiluted
by ears flared like nostrils
craving nuances previously unfathomed
But not mocked as viciously as the coughers and sneezers – to be found at all perfomances:
Attempts by unfeeling artists or impresarios
to question such privileges
have led to a Coughers and Clappers initiative
Members are required to applaud
immediately after sublime codas
and cough distinctly
during expressive silences
Pianisten brauchen ihre Fingerkuppen, ihre taktilen Sinne scheinen höher entwickelt als bei normalen Menschen. Es gibt die schöne Geschichte, dass Rubinstein sich weigert auf einem Flügel zu spielen, weil ihm die Tasten zu glatt waren. Dabei hatte der junge Klavierstimmer der Firma Steinway mit dem schönen Namen Franz Mohr sie doch gerade so hingebungsvoll geputzt! Mohr versprach Abhilfe, und als Rubinstein eine Stunde später wiederkam, war die pianistische Welt wieder in Ordnung. Das Geheimnis war eine Dose Haarspray, und dann einmal pffffft über die Tasten, das machte den Unterschied.
Er hat alles an Ehrungen bekommen, was man bekommen kann: ist Ehrendoktor der Universitäten von London, Oxford, Yale. Die Queen hat ihn zum Knight of the Order of the British Empire (ehrenhalber) ernannt. Aber einen wirklichen Ritterschlag stellte für ihn im Jahre 2010 der Lifetime Achievement Award der Zeitschrift Gramophone dar. Diese Zeitschrift, deren Gründung wir dem schottischen Romanautor Compton Mackenzie verdanken, hat ja einen wirklich beinahe unfehlbaren Geschmack. Auch wenn der Stil ihrer Besprechungungen vielleicht nicht jedermanns Sache ist: Unusual recordings of the Beethoven Fifth are, of course, no novelty to the British collector. One calls to mind that elegiac statement Sir Joshua committed to the gramophone in his last years as well as that splendidly spirited rendition transcribed under actual concert conditions by the Newcastle-on-Tyne Light Orchestra upon the occasion of the inadvertent air-alarm of 27 August 1939 [...] The entire undertaking smacks of that incorrigible American pre-occupation with exuberant gesture and is quite lacking in those qualities of autumnal repose which a carefully judged interpretation of this work should offer...Dies könnte aus Gramophone stammen, ist aber eine Gramophone Parodie von Glenn Gould - der mindestens so viel Humor hat wie Alfred Brendel.
Leser dieses Blogs werden wissen, dass Glenn Gould hier schon häufig vorgekommen ist, Friedrich Gulda auch (sogar zweimal). Brendel konnte übrigens beide nicht leiden. Claudio Arrau, Van Cliburn und Arturo Benedetti Michelangeli gab es hier auch schon. Ja, selbst für Victor Borge war hier schon Raum. Nix über Alfred Brendel, irgendwie gehe ich ihm aus dem Weg, ich habe auch nur ein halbes Dutzend CDs von ihm. Ich habe ihn einmal im Fernsehen gesehen, das war ein Dokumentarfilm über die Probenarbeit an der ✺Winterreise mit Fischer-Dieskau. Den Film gab es damals als Bonus CD (56 Minuten) zur CD dazu. Brendel hat mit FiDi auch die Schöne Müllerin aufgenommen, aber die Aufnahme hat mich nie begeistert. Obgleich er für ✺Schubert ja berühmt war. Kommt nicht an die ✺Die schöne Müllerin von Werner Krenn und Rudolf Buchbinder heran.
Once upon a time
I was no wunderkind
Due to my obstinacy
Though
I became one later